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Sonntag, 01. September 2013

Gemeinderat beschließt Bürgerentscheid am 22. September 2013

Weinheim entscheidet: Breitwiesen oder Hammelsbrunnen?

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Weinheim, 27. Februar 2013. (red/ld/aw) “Sind Sie dafür, dass im Bereich “Breitwiesen” die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt, das heißt, dass die bisherige Ausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet “Hammelsbrunnen” erhalten bleibt?” Darüber stimmen die Weinheimer Bürgerinnen und Bürger zeitgleich zur Bundestagswahl am 22. September ab. Das beschloss der Gemeinderat heute mehrheitlich in seiner Sitzung. Im Vorfeld des Bürgerentscheids plant die Stadtverwaltung weitere Informationsveranstaltungen.

Von Alexandra Weichbrodt

Es ist ein erster Erfolg, den die Bürgerinitiative “Schützt die Weinheimer Breitwiesen” gegen die Ausweisung der Breitwiesen als Gewerbegebiet erreicht hat. Anfang Februar stimmte sie dem Vorschlag der Stadtverwaltung über einen Bürgerentscheid und der darin gestellten Frage zu:

Sind Sie dafür, dass im Bereich “Breitwiesen” die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt, das heißt, dass die bisherige Ausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet “Hammelsbrunnen” erhalten bleibt? [Weiterlesen...]

Bürgerentscheid: 35 Ja-Stimmen, 5 Enthaltungen, 1 Nein-Stimme

BürgerInnen entscheiden am 22. September über Breitwiesen/Hammelsbrunnen

Weinheim, 27. Februar 2013. (red) Der Gemeinderat hat heute mit großer Mehrheit für einen Bürgerentscheid zum Flächentausch Breitwiesen/Hammelsbrunnen entschieden. Nur die SPD-Stadträtin Uschi Heil hatte mit Nein gestimmt.

Die Fragestellung am 22. September wird lauten:

Sind Sie dafür, dass im Bereich Breitwiesen die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt, das heißt, dass die bisherige Ausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet „Hammelsbrunnen“ erhalten bleibt?

Im September 2012 hatte die Mehrheit des Gemeinderats einen Bürgerentscheid noch abgelehnt. [Weiterlesen...]

Jahresinterview mit OB Bernhard

Hamsterräder, Großprojekte, Energiewende

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Oberbürgermeister Heiner Bernhard und seine Verwaltung haben 2013 jede Menge Arbeit vor sich.

 

Weinheim, 25. Februar 2013. (red/pro/ae/ld) Oberbürgermeister Heiner Bernhard stand uns für ein umfangreiches “Jahresinterview” zur Verfügung – mit einem Blick zurück, aber wichtiger, einem nach vorne. Top-Themen hat das Jahr 2013 genug: Der Bürgerentscheid zu Breitwiesen soll gleichzeitig zu den Bundestagswahlen stattfinden, die Energiewende sorgt beim Thema Windenergie für Aufregung, die Schulentwicklung Weststadt ist ein Megaprojekt und das Ringen um eine Sporthalle für die Ortsteile noch längst nicht entschieden.

Interview Hardy Prothmann

Herr Oberbürgermeister Bernhard, wie ist denn der Stand in Sachen Verkauf der 209 Wohnungen an die Familienheime?

Heiner Bernhard: Diese Sache mit den 209 Wohnungen hat uns wirklich unvorbereitet erwischt. Mich persönlich hat das sehr belastet. Wir haben die Sache relativ geräuschlos behandeln und sozialverträglich abwickeln können. Jetzt muss der Vertrag ausgehandelt werden, dann geht man zum Notar. Das steht unmittelbar bevor.

Wie fühlt man sich, wenn ein “großer Brocken” erledigt ist?

Bernhard: Mir fehlt leider oft die Möglichkeit, innezuhalten und zu sagen: “Freunde, das haben wir jetzt auch erledigt.” Dies tun zu können, macht ein Stück Lebensqualität aus.

Hamsterrad und Mitarbeitermotivation

Erklären Sie das genauer.

Bernhard: Das Hamsterrad dreht sich ständig weiter und es bleibt keine Zeit, sich zurückzulehnen. Wir versuchen, bei wirklich wichtigen Dingen das Engagement der Mitarbeiter mit Wertschätzung zu belohnen. Mir persönlich ist das noch zu wenig, besser wäre es, wenn man sich zusammen setzt, kurz innehält und das Projekt Revue passieren lässt. Da müssen wir uns wirklich etwas einfallen lassen, denn solche großen Themen werden immer mehr, was zu einer größeren Belastung der Mitarbeiter führt.

Gibt es ein Thema, das ihnen im vergangenen Jahr am meisten Spaß gemacht hat?

Bernhard: Mich hat am meisten gefreut, dass der Moderationsprozess “Schulentwicklung Weststadt” überraschende Ergebnisse gebracht hat. Insbesondere die Kombination “Grundschule-Förderschule” hatte ich nicht erwartet. Insgesamt freue ich mich darüber sehr, weil wir vor drei Jahren bereits zu einem Moderationsprozess eingeladen hatten und damals gescheitert sind.

Chefredakteur Hardy Prothmann im Gespräch mit OB Bernhard.

 

Wie erklären Sie sich das?

Bernhard: Das Thema Inklusion hat dazu geführt, dass über dieses Thema offener gesprochen wird. Zusammen leben und zusammen lernen von Kindern mit Handicap und ohne wird immer wieder thematisiert. Und dass wir jetzt eine Lösung haben, die uns in die Lage versetzt in Zukunft drei Immobilien abzustoßen, für deren Unterhalt die Stadt sehr viel Geld zahlt, das ist eine enorme Entlastung.

Die Grundstücke und Immobilien gehören der Stadt?

Bernhard: Zwei gehören der Stadt: Die Bach-Schule, die jetzige Förderschule, und die Albert-Schweizer Schule. Die Musikschule in der Bismarckstraße ist ein Mietobjekt, das der Firma Freudenberg gehört . Wenn der Neubau am Rolf-Engelbrecht Haus realisiert wird, dann haben wir diese drei Kostenfaktoren nicht mehr.

Großprojekt Schulentwicklung Weststadt

Wie hoch sind die Kosten?

Bernhard: Das habe ich wirklich noch nicht gerechnet. Um das alles zu ermitteln und Synergien zu berechnen, wird eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Das wird in den nächsten Wochen passieren.

Der energetische Zustand ist vermutlich eine totale Katastrophe.

Bernhard: Beim Rolf-Engelbrecht-Haus ist die Energiesituation eine völlige Katastrophe. Bei den beiden anderen Schulen auch. Da werden wir uns erheblich besser aufstellen, wenn wir neu bauen.

Wenn die verschiedenen Schulen jetzt zusammengehen, heißt das nicht, dass es nur ein Rektorat gibt. Das sind schon zwei verschiedene Schultypen. Das ist anders als man es bei einer Grund- oder Hauptschule machen kann.

Bernhard: Ja, aber sie können zum Beispiel mit einem Sekretariat arbeiten. Was die Raumnutzung angeht, ist das sicherlich besser, als wenn man zwei getrennte Schulen hat. Und dann ist die Inklusion bei uns noch in den Kinderschuhen. Ich glaube, dass es nie möglich sein wird, die Förderschule komplett aufzugeben. Aber ich bin sicher, dass sich die Anzahl der Schüler im Laufe der Jahre reduzieren wird, weil mehr Inklusion stattfinden wird. Durch Beschulung dieser Kinder mit Handicap in “normalen” Klassen.

Sporthalle als Dauerthema

In der vergangenen Hauptausschusssitzung hat die Freude einen Dämpfer erhalten, mit diesem Abzug der zwei Millionen Euro aus dem 20 Millionenpaket.

Bernhard: Ich glaube, wir können mit den verbleibenden 18 Millionen Euro zumindest das Schulprojekt realisieren. Unsere mittelfristige Finanzplanung ist ja vom Volumen her gleichgeblieben und das wird vom Regierungspräsidium auch geprüft. Die Hallen-Thematik wird uns noch Jahre beschäftigen.

Wie lief der Prozess denn bisher ab?

Bernhard: Ich habe in den letzten acht Jahren versucht, eine Diskussion in Gang zu bringen, die allen Akteuren verdeutlichen sollte, dass nicht alles geht, was man sich wünscht. Das hat nicht funktioniert, und deshalb wünscht sich jeder nach wie vor alles. Wir, die Verwaltung, haben eigentlich nie artikuliert, was wir für eine sinnvolle Lösung hielten, weil wir die Lösung nicht kaputt machen wollten. Jetzt, wo tatsächlich alles möglichst auf einmal gemacht werden soll, müssen wir agieren. Da werden wir im ersten Halbjahr im Gemeinderat eine Entscheidung treffen müssen.

Sechs Millionen Euro soll der Verkauf der 209 Wohnungen in der Stettiner und Breslauer Straße bringen. Oberbürgermeister Bernhard war fassungslos ob der unüberlegten Äußerung von Günter Breiling. Einige Stadträte schielen begehrlich auf das Geld für eine neue Sporthalle – die Verwaltung braucht es aber für Sanierungen.

 

Worum geht es in dieser Entscheidung genau?

Bernhard: Wie es mit dem Hallenbad Hohensachsen weitergeht, wird entscheidend sein. Mit dieser Frage werden wir uns nach der Beschlussfassung des Haushaltes wieder einmal beschäftigen. Wir werden den Ausschuss für Sport und Freizeit einberufen. Der hat in meiner Amtszeit noch nie getagt. Dann werden wir die Ergebnisse der Kosteneinschätzung vorstellen und einen Vorschlag machen für das weitere Vorgehen. Das wird eines der großen Themen im Jahr 2013.

Mir ist aber aufgefallen, dass die Ortsteile nicht integriert sind. Wollen sie sich nicht integrieren? Was ist das Problem? Kommen aus den Ortsteilen Sonderwünsche, die mit dem Gesamtwesenkörper Weinheim oft nicht harmonisieren?

Bernhard: Ich habe das Gefühl, dass man sich über Jahrzehnte hinweg keine Gedanken über dieses Verhältnis gemacht hat. Es ist in jeder einzelnen Ortschaft mehr geschehen seit der Eingemeindung als in den Stadtteilen der Kernstadt Weinheims. Das hat aber niemand so richtig auf dem Schirm, weil da ein Integrationsbewusstsein fehlt. Wenn ich nur als Oberflockenbacher oder Rippenweirer denke, ist es viel leichter, mich benachteiligt zu fühlen, als mich mit der Stadt zu identifizieren. Daran hätten wir arbeiten müssen. Das ist aber keine Aktion, die wir jetzt nachholen können. Denn dann würden wir ja wirklich aufrechnen.

Es wird ja ständig aufgerechnet.

Bernhard: Es kann nicht unsere Aufgabe sein, aufzurechnen, was wir alles schon für die Stadtteile gemacht haben. Ich habe die Eingemeindungsverträge wirklich alle sehr gründlich gelesen: Von einer Halle in Oberflockenbach steht da nichts drin. Wenn man über 40 Jahre danach über Inhalte des Eingemeindungsvertrags diskutiert, dann ist irgendetwas falsch gelaufen. Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich habe in der Zeit, in der ich kommunalpolitisch noch nicht unterwegs war, keine Diskussion erlebt, in der es um die Ortschaften und die Kernstadt ging. Man hat das jahrzehntelang nicht als Problem wahrgenommen.

Wann sind die Probleme aufgekommen und warum?

Bernhard: Das Thema ist erst mit dem Hallenbad Hohensachsen vor zehn Jahren aufgekommen, als wir mit dem einstimmigen Hauptausschussbeschluss, das Hallenbad zu schließen, in den Gemeinderat gegangen sind. Der stimmte dann geschlossen gegen die Schließung.

Wie geht das?

Bernhard: Das frage ich mich auch. Nach dem Bekanntwerden dieser Vorentscheidung gab es Aktivitäten. Und innerhalb dieser Woche ist das gekippt. Ich habe das vorher nicht erlebt. Es war mein erstes Jahr als Oberbürgermeister. Dann haben wir dieses Grundstück in Oberflockenbach gekauft – für die Halle. Vorher ist bei dem ganzen Thema eigentlich nichts passiert, 30 Jahre lang. Dann haben wir die Feuerwehr gebaut, obwohl in einer ersten Konzeption eigentlich nicht klar war, ob wir ein neues Gebäude überhaupt brauchen, von der Entfernung her, von den Wegen her. Das war der Kontext, in dem das Thema Ortseile versus Stadt hochkam.

Überraschungen

Dass die Entscheidung vom Gemeinderat innerhalb einer Woche kippt, ist doch außergewöhnlich. Ich habe meistens den Eindruck, dass Sie sich mit den Fraktionsspitzen sehr gut verstehen und im Vorfeld von Entscheidungen verhandelt haben.

Bernhard: Die Absprachen sind weniger geworden; auch deswegen, weil sich die Position der Fraktionsvorsitzenden innerhalb ihrer Fraktion gravierend verändert hat. Früher war es berechenbarer. Das hat aber auch Vorteile. Ich muss nicht strategisch vorgehen, so dass ich immer weniger belastet in solche schwierigen Abstimmungsprozesse rein gehe. Ich muss dann einfach reagieren und sehen wie’s läuft. Teilweise ist das schon sehr anstrengend, die einzelnen Gedanken einzusammeln und zu formulieren, die sich für einen durchsetzbaren Beschluss eignen. Toi, toi, toi, bis jetzt gelingt es. Früher waren Abstimmungsergebnisse schon vorher klarer – heute gibt es immer weniger Absprachen.

Wie gehen Sie damit um?

Bernhard: Wir beschäftigen uns viel weniger mit Sitzungsvorbereitungen als früher. Dafür aber viel intensiver mit der Vorlage. Das kostet jede Menge Zeit. Je nachdem wie die Ämter agieren, bekommt man eine Vorlage zu einem komplizierten Thema oft ein paar Wochen vorher als ersten Entwurf. Je nachdem wie das in den Zeitplan passt, kann man das in der Lagebesprechung diskutieren. Das tut eigentlich gut, weil man dann die Materie recht gut kennt, ohne dass man die Vorlage davor so intensiv studiert hat.

In der Haushaltsitzung Anfang Januar war vor allem Günter Breiling sehr aktiv mit Fragen. Wie empfinden Sie das? Es könnten alle 43 Stadträte so viele Fragen stellen wie er, dann hätten sie wirklich lange Sitzungen. Ich habe das Gefühl, dass die Fragen berechtigt waren, aber ich habe auch das Gefühl, dass er sie ärgern oder vorführen wollte. Empfinden Sie das auch so?

Bernhard: Ich empfinde das nicht so. Ich kenne Herrn Breiling schon sehr lange. Er hat seine Ansichten, und ist ein sehr akribischer Mensch. Deshalb ist er mit Sicherheit besser vorbereitet als der Durchschnitt der Mitglieder des Gemeinderats. Er liest sehr intensiv und überlegt, rechnet nach und macht sich Gedanken. Was mich ab und zu ärgert, ist, dass er die Fragen stellt, die er davor schon Verwaltungsmitgliedern gestellt hat und beantwortet bekam oder dass in teilweise sehr langen Telefonaten Dinge durchgesprochen werden und er sie anschließend erneut in Sitzung fragt. Das ist nicht ökonomisch. Ich möchte mir nicht anmaßen, solches Verhalten zu kritisieren. Das ist seine Art, und ich finde, dass er sich sehr gut auskennt. Er ist für mich auch den gelegentlich ein Gesprächspartner, mit dem ich hochkomplexe Dinge vorbesprechen kann. Ich habe z.B. das Thema Wohnungen mit ihm vorher besprochen. Weil ich einfach wusste, dass ich ihm vertrauen kann. Manchmal ist es auch gut, wenn man Leute ins Vertrauen zieht. Das schafft Verbündete in bestimmten Themen.

Wohin mit dem Geld?

Aber ausgerechnet Günter Breiling hat die sechs Millionen Euro Verkaufserlös öffentlich gemacht. Ihr Blick dabei war filmreif: Zwischen Erstaunen, Entsetzen und Ungläubigkeit.

Bernhard: Ich konnte mit der Situation nicht umgehen. Deswegen bin ich auch rausgelaufen. Ich sehe das wirklich als Ausrutscher bei ihm. Das kann einmal passieren.

Er hat ihnen ja den Schwarzen Peter zugeschoben.

Bernhard: Das ist wirklich schade. Damit verkauft er sich unter Wert.

Die Stadt braucht das Geld aber für die eigenen städtischen Wohnungen, da es dort einen Sanierungsstau gibt.

Bernhard: Richtig. Wir haben in den Wohnungen einen Sanierungsstau.

In den Wohnungen, die ja wieder Geld bringen, wenn sie saniert sind. Im Gegensatz zu einer Halle, die nur kostet.

Bernhard: Das Geld dafür einzusetzen, ist vernünftig. Wir werden das als Rücklage einstellen und zusehen, dass wir im Laufe der Zeit unser Gebäudeunterhaltungsprogramm aufstocken. Was aber auch nicht mit einem Schlag geht. Man muss ja auch in der Lage sein, das abzuarbeiten. Wenn der Haushalt beschlossen ist, werden wir das Geld vernünftig einplanen.

Stichwort Haushalt: dieses Jahr sieht es ganz gut aus. Die zwei kommenden Jahre darauf 2014 /15 ist die Haushaltslage, sagen wir mal, überhaupt nicht mehr lustig.

Bernhard: Das ist eine Konsequenz aus dem Finanzausgleich. Wenn wir ein anderes Finanzierungssystem hätten, wäre das auch nicht so krass, weil durch diese Steuerkraft unsere Zuweisungen in 2014 und 15 geringer werden. Trotzdem ist ja auch bekannt, dass den Kommunen von den höheren Gewerbesteuereinnahmen ungefähr 25 Prozent bleiben. Der Rest geht über die Umlagesystematik wieder weg. Das ist ein altes System, das nur dann Mucken zeigt, wenn die Schwankungen hoch sind. Und das sind sie leider zunehmend.

Angespannte Haushaltslagen

Schauen Sie auch auf andere Gemeinden, beispielsweise Ladenburg vor zwei Jahren? Dort war die Situation “von heute auf morgen” dramatisch.

Bernhard: Selbstverständlich schauen ich auf die Gemeinden in der Nachbarschaft, aber auch weiter. Wenn man so einen Blick ins Land hat, dann misst man das auch mit anderen Maßstäben. Sindelfingen hat vor zwei Jahren unterm Strich keine Einnahmen, keine Gewerbesteuereinnahmen mehr gehabt. Jetzt stehen sie wieder gut da. Da wird das System absurd. Ich halte das aktuelle Gewerbesteuersystem für falsch. Aber es ist das beste, was wir haben. Weil alles andere, das man bisher gehört hat, nicht in dem Sinn funktioniert, dass die Gemeinden ausreichend finanziert werden.

Sie haben in der Sitzung gesagt, mit Hinweis auf Begehrlichkeiten, dass die Ampel irgendwie auf hellrot umschaltet, wenn zu viel verlangt wird vom Haushalt in den kommenden Jahren. Ab wann wird die Ampel rot vom Regierungspräsidium aus? Sehen Sie schon einen Amtsverweser anklopfen?

Bernhard: So viele Amtverweser gibt es gar nicht, wie man sie in deutschen Kommunen brauchen wird. Schauen Sie mal nach Rheinland-Pfalz, gucken Sie mal nach Nordrhein-Westfalen: Da haben viele Kommunen einen viel heftigeren Verschuldungsstand.

Was wird stattdessen passieren?

Bernhard: Ich halte es für realistisch, dass irgendwann die Rechtsaufsicht sagt: Hört zu, ihr wollt jetzt x-Millionen Schulden machen, dürft aber bloß y. Dieses Delta muss dann halt verkraftet werden. So wird das in der Praxis laufen. Wir werden jetzt bei dem Haushalt 2013 nur den Hinweis darauf erhalten, dass über die weitere Verschuldungsentwicklung noch mal intensiv nachgedacht werden muss. Es gab schon eine Entspannung beim Haushalt 2012 verglichen mit den Vorjahren. Ich weiß aus Gesprächen mit dem Regierungspräsidium, dass man unsere Konsolidierungsbemühungen sehr anerkennt. Wenn ich mir aber anschaue, wie verschieden im Gemeinderat Prioritäten diskutiert werden, dann wird deutlich, dass das noch ein schwieriger Weg ist, einerseits konkrete Entwicklungen anzustoßen und andererseits Wünsche für die Zukunft zu formulieren, die auch realistisch sind.

Die Stadt würde als Zukunftssicherung gerne die Breitwiesen entwickeln. Ob das möglich sein wird, soll ein Bürgerentscheid klar machen. Wann wäre der beste Termin – eventuell zur Bundestagswahl im Herbst? Das würde eine große Beteiligung bringen und Kosten sparen.

Bernhard: Den September-Termin werden wir dem Gemeinderat vorschlagen.

Bürgerentscheid Breitwiesen

In Bayern werden viele große Projekte über Bürgerentscheide entschieden – wenn ich mir so anschaue, was unser Partnerblog Tegernseer Stimme berichtet, sprechen sich die Bürger/innen meist für die Projekte aus. Sind die Bayern uns voraus?

Bernhard: Dort gibt es ausgeprägtere plebiszitäre Traditionen. Aber offensichtlich auch Klarheit, wo das Geld herkommt – aus der Wirtschaft. Wir sind eine Stadt, die strukturell unterfinanziert ist. Wir haben eine Infrastruktur für eine Stadt mit 60.000 Einwohnern, die auch von Birkenau und Gorxheimertal genutzt wird. Damit ich jetzt nicht falsch verstanden werde: Alle sind herzlich willkommen – aber wir haben die Kosten. Das muss man im Blick haben.

Protest der Bauern gegen Breitwiesen.

 

Daran können Sie aber nicht viel ändern, wenn die Birkenauer nach Weinheim zu Baden kommen.

Bernhard: Ich kann versuchen, mehr Einwohner nach Weinheim zu holen, wie jetzt in Lützelsachsen Ebene und auf den freiwerdenden Schulgeländen – ideale Standorte für den Wohnungsbau.

Welche Art von Wohnungsbau? Oder können Sie sich auch Gewerbe vorstellen?

Bernhard: Eher Wohnungsbau und auch über betreutes Wohnen muss nachgedacht werden.

Nochmal zum Thema Breitwiesen – Amazon war ja mal im Gespräch, können Sie sich auch kleinteiligere Entwicklungen vorstellen?

Bernhard: Ja klar. Wir haben für das Gelände Interessenten. Das sind Mittelständler mit einer extrem hohen Arbeitsplatzdichte und einer Expansionsstory in der Entwicklung ihrer Arbeitsplätze, die überzeugt. Da spielt Amazon jetzt gar keine Rolle. Manche Unternehmen, die in Weinheim ihren Standort haben, wollen expandieren. Am liebsten in Weinheim, weil natürlich ihre Mitarbeiter da sind. Wenn Sie aber keine Möglichkeit haben, dann ziehen sie weg. Das ist unsere Leitlinie: Bestehende Weinheimer Unternehmen und andere in der Region angesiedelte Unternehmen könnten auf das Gebiet kommen. Da ist kein Flächenfraß à la Amazon oder Pfenning denkbar. Deshalb denke ich, dass wir sehr gut aufgestellt sind und das Interesse groß ist.

Das Interesse hängt sicher von Zusagen ab.

Bernhard: Hier kriegt niemand etwas geschenkt, aber selbstverständlich hören wir uns Wünsche an. Aber auch wenn der Bürgerentscheid pro Breitwiesen ausfällt, ist da noch eine Menge zu tun.

Wird er denn pro Breitwiesen ausfallen?

Bernhard: Ich bin da sehr optimistisch, weil ich immer wieder aus der Bevölkerung höre: “Macht weiter! Wir brauchen das.” Was leider noch zu wenig klar ist: Wenn Breitwiesen nicht entwickelt wird, dann wird es der Hammelsbrunnen sein. Das werden wir immer wieder deutlich machen müssen.

Es gibt auch diese Position: Niemand zwingt die Stadt eines der beiden Gebiete zu entwickeln.

Bernhard: Hammelsbrunnen steht als Gewerbegebiet im Flächennutzungsplan. Deswegen muss man den Leuten sagen, wenn ihr gegen die Entwicklung von Hammelsbrunnen seid, dann seid Ihr für den Flächentausch mit Breitwiesen.

Wie schätzen Sie die Mehrheit für einen Bürgerentscheid im Gemeinderat ein?

Bernhard: Wir werden in der Februarsitzung entscheiden. Im Vorfeld habe ich mir von der notwendigen Mehrheit schriftlich versichern lassen, dass ein Bürgerentscheid gewünscht ist. Es kann jetzt wohl nicht sein, dass für diesen Bürgerentscheid weniger Stadträte stimmen, als ich Unterschriften habe.

Dem Weinheimer Gemeinderat ist alles zuzutrauen.

Bernhard: Damit rechne ich jetzt wirklich nicht. Die Art und Weise wie man sich jetzt besonnen hat, gibt mir schon Vertrauen, dass diejenigen, die unterschrieben haben, auch dafür stimmen werden.

Windkarte Weinheim. Quelle: Stadt Weinheim

 

Bürgerbeteiligung und Windkraft

Mit dem Thema Breitwiesen kam auch das Thema Bürgerbeteiligung – was haben Sie daraus gelernt?

Bernhard: Unsere repräsentative Demokratie wird immer stärker von politisch-aktiven Gruppen von außen dominiert. Das Thema Breitwiesen hat uns früher als geplant gezwungen, uns damit zu befassen. Wir hatten eigentlich vor, im Jahr 2012 eine Gemeinderatsklausur zur Bürgerbeteiligung zu machen. Ich habe, was das Bürgerratsthema und die Auswahl über den Zufallsgenerator angeht, eine entscheidende Sache gelernt, die ich sehr interessant finde: Dass man Leute, die sich vorher für die Weltpolitik oder den Euro interessierten, aber nicht für einen Bebauungsplan, aktiv in die Stadtpolitik zurückbekommt. Wenn man diese Leute in die Verantwortung nimmt, dann entwickeln sie Ideen, die man gar nicht erwartet hätte.

Wie zum Beispiel?

Bernhard: Ich bin neulich am Bahnhof Weinheim ausgestiegen. Da spricht mich jemand an und sagt: Hallo, ich bin einer von den Bürgerräten. Was wird denn damit jetzt? Ein Mann, der in Baden-Württemberg als Kaufmann unterwegs ist. Jemand, der lokal vorher nichts wahrgenommen hat und der sozusagen politisch aktiviert wurde. Das ist sehr gut, denn wir brauchen die Mitwirkung der Bürger/innen.

Die bringen sich zur Zeit auch ordentlich in Sachen Energiewende, sprich Windenergie ein. Wie beurteilen Sie das?

Bernhard: Hier gibt es viel Streitpotenzial und das haben wir der Grün-Roten Landesregierung zu verdanken, die die Zuständigkeit auf die kommunale Ebene herunter delegiert hat. Aber sie müssen sich mal vorstellen, was das für ein Verwaltungsakt und Kostenaufwand ist, das alles die Kommunen machen zu lassen. Das halte ich für falsch. Weil das unnötigerweise dazu führt, dass über diese Art der Energiegewinnung negativ diskutiert wird. Jetzt haben wir haben den schwarzen Peter und müssen durch die Untersuchung von Gebieten aktiv steuern. Wenn ich keine Gebiete ausweise, lässt der Gesetzgeber die Nutzung überall zu, das wollen wir vermeiden.

Was wäre besser gewesen?

Bernhard: In Rheinland-Pfalz gefällt mir die Lösung der Windenergie sehr gut: Da ist keine Verspargelung der Landschaft in Sicht, weil sie es einfach konzentriert haben. Warum machen Sie das bei uns nicht? In Rheinland-Pfalz wurde das in der Landesplanung gemacht. Wir hätten das wenigstens über Regionalplanung machen sollen. Aber der Zug ist abgefahren. Das läuft jetzt nicht mehr.

Mehrheit im Gemeinderat ist für eine erneute Behandlung

Ende Februar wird über Bürgerentscheid Breitwiesen entschieden

Weinheim, 25. Januar 2013. (red/pm) Aktualisiert. Der Bürgerentscheid zur weiteren Gewerbeentwicklung in Weinheim steht nach Ansicht der Stadtverwaltung vor einer zweiten Chance. Wie die Stadtverwaltung am Freitag mitgeteilt hat, liegen mittlerweile 30 Unterschriften von Mitgliedern des Gemeinderates vor. Diese Kommunalpolitiker sprechen sich – wie Oberbürgermeister Heiner Bernhard und Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner – für eine Wiederaufnahme des Themas auf die Tagesordnung des Gemeinderates aus. OB Bernhard will die neuerliche Entscheidung über einen Bürgerentscheid nun in der Sitzung am 27. Februar behandeln.

Information der Stadt Weinheim:

“30 Unterschriften hatte die Verwaltungsspitze als Bedingung für eine erneute Abstimmung genannt, weil diese Zahl der verlangten Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat entspricht, die einen Bürgerentscheid herbeiführen kann. Jetzt muss nur noch die Bürgerinitiative „Schützt die Breitwiesen“ die vorgeschlagene Fragestellung bestätigen, die nach Ansicht der Verwaltung „tragfähig,
rechtlich zulässig und transparent“ sein muss.

Diese aktuelle Entwicklung haben Bernhard und Fetzner am Freitag zunächst der Bürgerinitiative mitgeteilt. „Wie wir wissen, haben Sie als Bürgerinitiative Gespräche mit den Fraktionen und Gemeinderäten geführt, um einen Konsens über eine Wiederaufnahme des Themas sowie über die Fragestellung herzustellen. Bereits im Vorfeld der Gespräche hatten wir dies ausdrücklich begrüßt. Wir vermuten, dass als Resultat Ihrer Gespräche diese Ergebnis erzielt wurde“, heißt es in dem Schreiben.

Und so soll die Fragestellung lauten:

Sind Sie dafür, dass im Bereich ‚Breitwiesen’ die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt, das heißt, dass die bisherige Ausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet ‚Hammelsbrunnen’ erhalten bleibt?

Bernhard und Fetzner betonen, dass alle Stadträte, die eine Unterschrift geleistet haben, einen Bürgerentscheid mit dieser Fragestellung befürworten. Allerdings:

Viele davon begrenzen ihre Unterstützung ausdrücklich nur auf diese Fragestellung.

Somit sei klar, dass die Wiederaufnahme des Themas Bürgerentscheid auf die Tagesordnung des Gemeinderats unter den genannten Bedingungen „ausschließlich mit dieser Fragestellung“ erfolgen könne. Bernhard und Fetzner:

Bei einer positiven Rückmeldung Ihrerseits haben wir große Zuversicht, dass ein von Ihnen, wie auch von uns gewünschter Bürgerentscheid zustande kommt.”

Aktualisierung:

Von Seiten der GAL-Fraktion, zu der mit Elisabeth Kramer auch eine der Sprecherinnen der BI Breitwiesen gehört, kommentierte die Information der Stadt per Pressemitteilung:

“Die GAL-Fraktion begrüßt ausdrücklich, dass aus der Mitte des Gemeinderats eine 2/3-Mehrheit zustande kommt, die für einen Neuanlauf zum Bürgerentscheid die gesetzliche Voraussetzung ist. Die Fraktionsvorsitzende Elisabeth Kramer dankt dafür allen RatskollegInnen, die ihre Zustimmung schriftlich erklärt haben.

Damit ist für das Votum der Bürger nur noch der formale Beschluss des Gemeinderats am 27. Februar nötig. Wir hätten uns zwar eine andere Formulierung der Fragestellung gewünscht, akzeptieren  aber den klaren Wunsch der Mehrheit,

erläutert sie. Wesentlich sei nun, endlich eine echte Bürgerbeteilung stattfinden zu lassen, um über eine wegweisende Zukunftsfrage für Weinheim zu entscheiden.

Aktuelle Entwicklungen beim Runden Tisch Demografie

Die Weststadt attraktiver machen

Weinheim, 18. Januar 2013. (red/ld) Ein neues Gewerbegebiet auf den Breitwiesen, die verramschte Freiburger Straße und ein neues Schul- und Kulturzentrum im Rolf Engelbrecht-Haus sind nur drei der Themen in der städtebaulichen Entwicklung der Weststadt. Darüber referierte Dr. Torsten Fetzner, Erster Bürgermeister der Stadt Weinheim, heute Nachmitag im Haus “Pamina.” Rund 30 Zuhörer waren zu dem Vortrag gekommen. Er gehört zur Veranstaltungsreihe des “Runder Tisch Demografie.”

Von Lydia Dartsch

Alarmierend seien die Zahlen in Weinheim und der Weststadt noch nicht. Rund 40 Prozent der hier lebenden Frauen seien in der Altersstufe, um Kinder zu bekommen. Die Geburtenrate in der Weststadt liege derzeit bei rund 80 Prozent und damit im städtischen Durchschnitt. Vor allem in Lützelsachsen werden noch mehr Kinder geboren. Woran das liegt, wagte Dr. Fetzner gestern nicht zu beantworten:

Möglicherweise hängt es mit der sozialen Struktur des Stadtteils zusammen: Kinder kosten Geld und scheinbar können sich viele Menschen dort viele Kinder leisten.

vermutete er. Jetzt sei es daran, die Stadt attraktiv zu machen für junge Familien, um dem Trend des demografischen Wandels – einer alternden Gesellschaft – in Weinheim aufzuhalten. In einigen Fällen sei das schon gelungen, in anderen bestehe noch Handlungsbedarf.

Schul- und Kulturzentrum im Rolf-Engelbrecht-Haus

Denn Kinder brauchen Platz und gehen irgendwann mal auf die Schule. Ganz leise sind sie dabei selten. Nun will die Stadt das Rolf-Engelbrecht-Haus gemeinsam mit der Multschule zu einem neuen Schul- und Kulturzentrum umbauen und die Johann-Sebastian-Bach-Förderschule und die Albert-Schweitzer-Schule dorthin verlegen. Durch diese Bündelung der Schulen erhofft sich die Stadt Synergieeffekte nutzen zu können, da man beispielsweise nur einen Hausmeister für die drei Schulen brauche, erklärte Dr. Fetzner. Eine Anwohnerin befürchtet jedoch noch mehr Lärm:

Wir wohnen seit 30 Jahren dort und jedes Jahr wurde es lauter.

Die Albert-Schweitzer-Schule sei auch viel zentraler, wirft ein anderer Zuhörer ein. Für ihn mache es mehr Sinn, die Schule beizubehalten. Das Gebäude sei auch so schön und als Zeitzeuge von historischer Bedeutung wird als Argument in die Diskussion eingeworfen. Das sei auch alles im Dialogprozess zur Sprache gekommen, sagte Dr. Fetzner. Allerdings seien die Sanierungsmaßnahmen an den drei Schulstandorten deutlich teurer als die Sanierung des Rolf-Engelbrecht-Hauses und der Neubau der beiden Schulen. Deshalb habe man sich auf diese Lösung geeinigt.

Große Lkws in der kleinen Anne-Frank-Straße

Über Lärm klagt auch eine Anwohnerin der Anne-Frank-Straße:

Diese kleine Straße ist offenbar für den Lkw-Verkehr freigegeben. Die donnern da ständig durch.

Lkws fahren dort vom Industriegebiet in Richtung Mannheimer Straße, B38 und Autobahn. Das werde noch schlimmer, befürchtete Dr. Fetzner. Man habe dort in 80er Jahren planerische Fehler gemacht, durch die nun die Zufahrtstraßen zum Gewerbegebiet durch die Wohnsiedlung verliefen.

Gemeinderat entscheidet über Bürgerentscheid bei Breitwiesen

Einen solchen Fehler will die Stadt bei den Breitwiesen vermeiden. Ursprünglich sei geplant gewesen, den benachbarten Hammelsbrunnen als Gewerbegebiet auszuweisen. Dann sei man auf die Idee gekommen, stattdessen das Gewerbegebiet auf den Breitwiesen auszuweisen.

Da haben wir die Rechnung ohne die Landwirte gemacht.

sagte Dr. Fetzner. Die wollten ihre Felder auf den Breitwiesen behalten, auch weil diese in ihren Größen viel wirtschaftlicher seien, als die zum Tausch angebotenen Flächen auf den Hammelsbrunnen. Nun könnte ein Bürgerentscheid die Frage klären, ob der Tausch zu Stande kommt oder nicht, oder ob kein neues Gewerbegebiet ausgewiesen wird.

Braucht man diese Flächen überhaupt?

fragte ein Besucher. Er befürchte ein weiteres Logistikunternehmen wie Pfenning in Heddesheim oder Amazon. Anfragen von Amazon gebe es aber derzeit nicht, sagte Dr. Fetzner. Im Fall von Pfenning sei er froh, dass das Verteilzentrum bereits in Heddesheim gebaut worden sei. Damit bestünde die Gefahr nicht für Weinheim.

Angst vor Verramschung der Freiburger Straße

Ein neues Gewerbegebiet birgt auch die Gefahr für ein Trading-Down-Effekt. Dieser Effekt beschreibt die Abwanderung angesehener Unternehmen und Läden und deren Ersetzung durch geringerwertige Gewerbeflächen, wie Spielhallen oder Ramschläden, wie es Dr. Fetzner ausdrückte. So geschehen in der Freiburger Straße. Das Gebiet dort könne man als Sanierungsgebiet ausweisen und mit Fördermitteln zu einem Gewerbe- und Wohngebiet umbauen.

Als Erfolg verbucht Dr. Fetzner dagegen die Wohnbebauung auf dem ehemaligen Naturin-Parkplatz in der Gleiwitzer Straße und dem Käsackerweg.

Ich finde, das ist gelungen.

Weststadtplatz als Quartiersmittelpunkt

Der Weststadt fehlt nur noch ein zentraler Stadtteilplatz als Treffpunkt und für Stadtteilfeste. Ein solcher Platz fehle im Quartier. Er könnte im Bereich um den Breitplatz entstehen, der ursprünglich als Parkplatz für die Geschäfte dort angelegt wurde. Der Platz liegt an der Kurt-Schumacher-Straße und der Blumenstraße. Die OEG hält direkt davor und dahinter befindet sich eine Grünfläche, die in den Quartiersplatz mit einbezogen werden könnte, stellte sich Dr. Fetzner vor. Im Moment erlebe man auf dem Breitplatz eine Vermüllung, berichtete er. Eine Besucherin berichtete auch davon, dass Berufspendler dort parkten, um morgens die OEG zur Arbeit zu nehmen.

Diese Park & Ride-Nutzung ist mir neu.

sagte Dr. Fetzner. Diese Probleme könnten gelöst werden, wenn dort ein Quartiersplatz entsteht, wünscht sich der Erste Bürgermeister.

Entlang der Bahntrasse wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger vor allem Ruhe. Doch die Verhandlungen mit der Deutschen Bahn seien schwierig und langwierig, wie Dr. Fetzner erklärte:

Die Bahn hat ihre Lärmschutzmaßnahmen abgeschlossen und wird auf der Strecke deshalb mehr Züge fahren lassen.

Das führe auch zu einer Mehrbelastung der Anwohner. Aktuell sei die Stadt aber in Verhandlungen mit der Bahn über eine neue Lärmsanierung.

Neujahrsempfang im Rathaus

„Wo das Wir mehr gilt als das Ich“

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„Bas Gret und Vetter Phillp“ überreichten eine riesige Neujahrsbrezel an Bürgermeister Heiner Bernhard. Foto: Stadt Weinheim.


Weinheim, 07. Januar 2013. (red/pm) Als Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard am Dreikönigstag nach den Böllerschüssen aus der Kanone beim Neujahrsempfang zu seinen Bürgerinnen und Bürgern sprach, da war seine Rede, die aus diesem Anlass traditionell etwas Grundsätzliches hat, mit Daten und Fakten gespickt. Und dennoch lag ein besonderer Schwerpunkt woanders.

Information der Stadt Weinheim:

“Der Schwerpunkt lag auf dem Miteinander in der Stadt, auf dem, was „wir in Weinheim gerne die kommunale Verantwortungsgemeinschaft nennen“ (so der OB), auf „Heimatgefühl“ und darauf „dass man füreinander da ist und füreinander einsteht“, auf einer Stadt, „in der das Wir mehr gilt als das Ich“. Dies sei es, so der OB, was „eine Stadt in ihrem Innern ausmacht“.

Kommunale Verantwortung

Die Bürgerinnen und Bürger reagierten mit spontanem Applaus – und dieses Gemeinschaftsgefühl war in allen Ecken des Rathaussaals zu spüren. Heiner Bernhard erklärte diesen Geist der kommunalen Verantwortung an drei Beispielen, an Begebenheiten, die er selbst in der Weihnachtszeit erlebt hatte, die ihn beschäftigt und aufgewühlt haben.

Das sei erstens die Entscheidung des Gemeinderats über den Umgang mit über 200 Wohnungen in der Breslauer- und der Stettiner Straße gewesen. „Die Art und Weise wie dabei die sozialen Belange der betroffenen Mieterinnen und Mieter höher gestellt wurden als das Interesse der Stadt daran, möglichst viel Geld einzunehmen, verdient großen Respekt“, findet er.

Die zweite Geschichte handelte von der Typisierungsaktion für den leukämiekranken Jacob aus Mörlenbach, an der sich Tausende Menschen beteiligt haben.

Und drittens gab es noch eine Bitte, ein großer Wunsch einer sozial schwach gestellten und kinderreichen Weinheimer Familie, bescheiden und zaghaft vorgetragen. Zwei Jungs, die sich eine Dachkammer teilen, hatten zu Weihnachten nur einen großen Wunsch: Jeder ein eigenes Bett. Bernhard beschrieb: „Meine Mitarbeiter im Rathaus haben dann sehr schnell eine Spendenaktion in Bewegung gesetzt. Die Resonanz war erfreulich groß und beeindruckend herzlich. Wir als Verwaltung haben unseren Anteil beigesteuert und bald war die Familie mit einem ansehnlichen Geldbetrag im Möbelhaus – die Betten für die beiden Jungs standen unterm Christbaum.“

Der OB: „Ich danke Ihnen dafür, dass wir diese Idee der kommunalen Verantwortungsgemeinschaft zusammen leben können – in dieser Stadt und für diese Stadt. Lassen Sie uns diesen Weg weiter gemeinsam gehen.“

Zuvor hatte der Rathauschef appelliert, auch in Zeiten guter Konjunktur und sprudelnder Steuerquellen nicht euphorisch zu werden. „2012 war für Weinheim ein erfolgreicher Zeitabschnitt, ein Jahr, in dem es mit vielen Projekten entscheidend voran ging und das in mancherlei Hinsicht deutlich besser verlief als geplant, aber wir in den Kommunen dürfen nicht leichtsinnig werden und nicht vergessen, die dauerhafte Ertragskraft unserer Verwaltungshaushalte im Blick zu behalten.“

Es seien gerade die Aufgaben, zu denen sich eine Gemeinde ohne staatlichen Druck bekenne, die freiwilligen Leistungen, die das Profil eines Gemeinwesens, die Lebensqualität einer Stadt ausmachen, ihre Besonderheit: Volkshochschule, Musikschule, Stadtbibliothek, Soziale Vielfalt, Brauchtumspflege, Vereinsleben und Kultur. Bernhard: „Von den Kürzungen der letzten Jahre ist da kein Bereich verschont geblieben. Aber im Bestand gefährden wollen und sollten wir diese Stärken Weinheims nicht.“

Bildung, Integration, Energieeffizienz, Bürgerbeteiligung und Demographischer Wandel

Die zentralen Themen, versicherte er, bleiben auf der Agenda: Bildung, Integration, Energieeffizienz, Bürgerbeteiligung und Demographischer Wandel. Vor allem das Thema Bildung genieße in Weinheim zu Recht einen hohen Stellenwert. Beispiel: Mit dem neuen Schuljahr haben – auf drei Stellen – vier neue Schulsozialarbeiterinnen ihre Tätigkeit aufgenommen. Das Übergangsmanagement, also die Kommunale Koordinierung der Aktivitäten rund um den Übergang von der Schule in die Berufswelt , ist jetzt dauerhafte Aufgabe der Stadt Weinheim.

Besonders erfreulich sei der kürzlich im Gemeinderat gefasste Beschluss zur Schulentwicklung Weststadt. Mit dieser Entscheidung habe man nun die einmalige Chance, Synergien herzustellen und zu nutzen und auf große und damit teure Sanierungsvorhaben in Schulen verzichten zu können. Zugleich könne die Stadt dem Stadtarchiv und der Musikschule gute Lösungen bieten und insgesamt die Zahl der städtischen Immobilien reduzieren. Das senke unterm Strich auf Dauer die Kosten. Bernhard: „Dies wird ein Meilenstein werden hin auf dem Weg zu mehr Effektivität und Effizienz unseres Verwaltungshandelns. Und das sogar mit verbesserten pädagogischen Rahmenbedingungen.“

Die Kommunale Energiewende werde auch in Weinheim mit Eifer vollzogen, berichtete der OB und ergänzte: „Wir kümmern uns um Klimaschutz nicht, weil das chic geworden ist. Nein, wir wollen verantwortlich für unsere Umwelt handeln und Generationengerechtigkeit gewährleisten.“

Bernhard bekräftigte auch seine positive Einstellung gegenüber der Beteiligung von Bürgern in politischen Entscheidungsprozessen.

Wenn es auch – noch – keinen Bürgerentscheid in Sachen Breitwiesen oder Hammelsbrunnen gebe, die Beratung des Themas in einem Bürgerdialogverfahren, die engagierte Arbeit zufällig ausgewählter Bürgerräte, dieses Vorgehen habe die Stadt methodisch und inhaltlich bereichert.

2013 gibt es viel zu tun

Im begonnen Jahr 2013 gebe es viel zu tun. Begonnene Baumaßnahmen stünden vor der Fertigstellung, wie die Neugestaltung der Fußgängerzone und der Bau der Mensa im Werner-Heisenberg-Gymnasium. Auch werde man sich kräftig um den in die Jahre gekommenen städtischen Immobilienbestand kümmern.

Bernhard: „Das ist reine Werterhaltung.“ Die Umgestaltung des Bahnhofsvorplatzes mit der Schaffung des Zentralen Omnibusbahnhofs soll nun endlich Wirklichkeit werden. Auch für das Hallenproblem in Lützelsachsen, in Hohensachsen und in Oberflockenbach müsse eine Lösung gefunden werden. Bernhard: „ Diese kann aber nicht darin liegen, dass wir die Gesamtzahl unserer Gebäude, die ohnehin schon hoch ist, immer weiter erhöhen. Dies widerspräche auch Idee und Sinn der Gemeindereform von einst. „Unsere Aufgabe ist es, gemeinsame Lösungen zu erarbeiten, Synergien zu nutzen und bestehende Liegenschaften zur Mitfinanzierung einzusetzen. Dazu müssen die Beteiligten – irgendwann – an einen Tisch.“

Klar bekannte sich der OB auch zur Ausweisung neuer Gewerbegebiete: „Wollen wir für eine auskömmliche Finanzausstattung Weinheims sorgen, ohne die Bürger mit höheren Steuersätzen zu belasten, müssen wir zusätzliche Steuerzahler gewinnen. Dies gelingt über die Einwohnerzahl und über die Zahl der angesiedelten Gewerbebetriebe. Dafür müssen wir dann aber auch ausreichende und passende Flächen anbieten können.“

Die Neujahrsansprache des OB war eingebettet in die traditionelle Zeremonie des Empfangs, in deren Verlauf Heiner Bernhard symbolisch den Rathausschlüssel an die Blütenprinzessin Yvonne I. übergab. Die Weinheimer Innungen überbrachten dem Rathauschef und der Bevölkerung die besten Wünsche, die Blüten-Symbolfiguren „Bas Gret und Vetter Phillp“ überreichten eine riesige Neujahrsbrezel, die Stadtkapelle und das Duo „Martin und Christian“ umrahmten den Empfang musikalisch.”

Windenergie: Gegner und Befürworter können sich "Luft verschaffen"

Bürgerbeteiligung – na geht doch

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Weinheim, 09. November 2012. (red/pro) Die Stadtverwaltung zeigt sich bürgernah und das ist gut so. Die Bürgerinnen und Bürger sollten die Möglichkeit nutzen, bei der Nutzung von Windenergie mitzueden.

Von Hardy Prothmann

Das Bürgerbeteiligungsdesaster in Sachen Breitwiesen scheint Wirkung zu zeigen. Die Stadtverwaltung denkt um, Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner darf man abnehmen, dass er den Ruf nach aktiver Mitwirkung ernst meint.

Wer die Bürger beteiligt, handelt klug, meint Chefredakteur Hardy Prothmann.

Man darf gespannt sein, wie die Stadt mit einer aktiven Mitwirkung dann im Ergebnis umgeht. Und der Gemeinderat – dessen Mehrheit hat vor kurzem sehr deutlich gemacht, dass man nichts von Bürgerbeteiligung hält.

Die Kritik eines Bürgers, dass man mit der Planung vor vollendete Tatsachen gestellt werde, muss die Stadtverwaltung ernst nehmen. Denn eine Bürgerbeteiligung, bei der man im schlimmsten Fall nur zwischen Pest und Cholera wählen kann, wird den Frust der Bürgerinnen und Bürger steigern.

Im aktuellen Planungsprozess hätte die Stadt jederzeit im Vorfeld schon die Bürger ins Boot holen können. Und selbst wenn die nicht-umsetzbare Vorschläge gemacht hätten – na und? Dann hätte man dies begründen müssen. Punkt.

Trotzdem haben die Bürgerinnen und Bürger durch die zwölfwöchige Offenlage durchaus Zeit, sich und ihre Ideen und Kritiken einzubringen. Und noch mehr ist möglich: Bürgerschaftliche Genossenschaften wie die Hirschberger “Hohe Waid” könnten als Investoren zum Zuge kommen. Da macht Bürgerbeteiligung dann auch im eigenen Geldbeutel Freude.

Ein konsequentes Nein wird nicht zulässig sein – Kritiker, die gegen eine “Verspargelung” der Landschaft sind, haben noch nicht verstanden, worum es geht: Um Beiträge zur Energiewende. Die muss kommen und die Grün-Rote Landesregierung geht den richtigen Weg – einen, der unter der CDU kaum möglich gewesen wäre.

Und was vor allem die Gegner verstehen sollten: Die Stadt hat richtig entschieden, aktiv steuern zu wollen, sonst könnte jeder überall Windräder hinbauen, wo es ihm passt und die notwendigen Regelungen eingehalten sind. Ein Flächennutzungsplan ist die einzige Methode, um einem “Wildwuchs” vorzubeugen.

BM Fetzner postet Stellungnahme auf Facebook

Breitwiesen-Gespräche sollen weitergehen

Links die Breitwiesen, rechts Hammelsbrunnen. Bild: Stadt Weinheim

 

Weinheim, 06. November 2012. (red/pm) Der 1. Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner postet seit kurzem über einen eigenen Facebook-Account über die Stadt und seine Arbeit. Aktuell hat er sich zum Thema Breitwiesen am Dienstagabend geäußert.

“Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner steht in Kontakt zur Bürgerinitiative, ein Treffen ist noch in diesem Monat geplant. Die BI ist für die Stadtverwaltung im Moment als Vertretung der Bürgerinnen und Bürger der erste Ansprechpartner, wenn es darum geht, die weiteren Schritte zu besprechen.

In dem Gespräch zwischen Verwaltungsspitze und Bürgerinitiative wird darüber gesprochen, wie die Themen Gewerbeentwicklung, Breitwiesen und Bürgerentscheid im juristischen und politischen Kontext weiter behandelt werden. Danach wird die Verwaltung dem Gemeinderat das weitere Vorgehen vorschlagen.”

Berufskorrespondent Schroeder

Gerichteküche Weinheim

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Weinheim, 30. September 2012. (red) Unser neuer Mitarbeiter ist ein harter Hund: Berufskorrespondent Schroeder deckt auf, was andere noch nicht mal ahnen. Ob als Hauptstadtkorrespondentn mit Kommentaren zum landesbolidischen Geschehen, ob als regioneller Rechenchör oder lokaler Reportierer.

(Hinweis: BKS (so sein Zeichen) finden Sie immer auf dem Rheinneckarblog.de. Ist BKS vor Ort unterwegs, dann auf dem entsprechenden Ortsblog – die finden Sie oben im Menü unter Nachbarschaft. Alle Recherchen und Hintergrundberichte von BKS gibts es hier.)

Aktuell hat Berufskorrespondent Schroeder erstmals in Weinheim recherchiert und skandalöse Zustände aufgedeckt. Sein investigativer Bericht:

Breitwiesen: Gemeinderatsmehrheit lehnt Bürgerentscheid als unzulässig ab

Bürgerbeteiligung verliert, Bernhard gewinnt

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Großes Theater oder Trauerfeier? Am Mittwoch, den 26. September 2012, wurde das Kapitel “Bürgerbeteiligung” in Weinheim vorerst von einer Mehrheit des Gemeinderats zu Grabe getragen.

 

Weinheim, 26. September 2012. (red) Dass es so ausgehen würde, wie der Stand vor fast einem Jahr war, damit hatten wohl die wenigsten gerechnet. Die Mehrheit des Gemeinderats hat drei mögliche Bürgerentscheid-Fragestellung abgelehnt und dann inklusive Oberbürgermeister das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt. Damit wird es zunächst keinen Bürgerentscheid geben und die Fläche Hammelsbrunnen wird gegen die Fläche Breitwiesen im Regionalplan getauscht. Das letzte Wort dürfte das noch nicht sein – das wird vor Gericht gesprochen. Die Untätigkeitsklage läuft weiter.

Von Hardy Prothmann

Die Gemeinderatsmehrheit aus CDU, Freien Wähler, SPD und FDP hat heute eine politische Lektion erteilt bekommen. Vom Oberbürgermeister Heiner Bernhard höchst persönlich. Chapeau.

Zweieinhalb Stunden dauerten Beratung und Diskussion, die weder beratend war noch dem Austausch von Argumenten diente. Alle Fraktionen unterstrichen ihre bekannten Positionen. Hier und da wurden die Bürgergutachten ein wenig eingeflochten, aber im Kern ging es um: “Hammelsbrunnen ist schlecht zu entwickeln und am Krankenhaus und Breitwiesen ist einfach zu entwickeln und an der Autobahn” gegen das Argument “Breitwiesen ist ein wichtiges landwirtschaftliches Versorgungsgebiet und Hammelsbrunnen muss man auch nicht bebauen”.

Die scheinbare Metarmophose des Herrn B.

Den Chapeau erhält Herr Bernhard für seine Vorstellung und seine scheinbare Metamorphose. Hatte er vor knapp einem Jahr den Gemeinderat noch heftig mit einer “Jetzt-oder-Nie”-Darstellung zur Entscheidung genötigt, stellte sich aktuell raus, dass das nur Blabla war. Denn der Regionalverband Rhein-Neckar wäre jetzt wegen eines Bürgerentscheids bereit gewesen die Entscheidung abzuwarten. Vor einem Jahr war das vollständig unvorstellbar. Wir erinnern uns:

Jetzt oder nie. Wir müssen das entscheiden, sonst steht Hammelsbrunnen im einheitlichen Regionalplan und das wars.

Die Mehrheit für den Aufstellungsbeschluss zum Flächentausch fand sich. Danach hatte der OB eine klar ablehnende Haltung gegen die Bürgerinitiative und eine ebensoklare Überzeugung:

Das Bürgerbegehren ist unzulässig. Wenn der Gemeinderat einen Bürgerentscheid zulässt, muss ich meinen Einspruch einlegen.

Sozusagen aus Gewissensgründen als verantwortliches Stadtoberhaupt und in der Verneigung vor dem Recht. Gutachten wurden eingeholt  – klar waren sie unterschiedlich. Bernhard ist nicht umsonst Oberbürgermeister – er hat politisches Gespür und merkte, dass es nicht gut läuft. Vielleicht war auch Unsicherheit dabei, ob die Rechtslage doch nicht so eindeutig ist. Deswegen wurde eine Entscheidung über ein Bürgerbegehren vertagt.

Verbeugen, um sich zur vollen Größe aufzurichten

Dann kam das Bürgerbeteiligungsverfahren. Herr des Verfahrens war zu jederzeit der Oberbürgermeister, der sich nun aber artig zurückhielt. Sich auf die Schulbank setzte und lobte, lobte, lobte. Sich zweifelnd und einsichtig zeigte, bis er dann bei uns im Interview exklusiv verkündete: Es wird einen Bürgerentscheid am Ende des Bürgerdialogverfahrens geben. Wo waren die rechtlichen Einwände? “Man muss sich der Situation beugen”, war die bescheidende Antwort.

Zwischenzeitlich hatten Unterzeichner des Bürgerentscheids Untätigkeitsklage vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe erhoben. Am 05. Juli 2012. Als wir vor zwei Tagen bei der Behörde nachfragten, lag zweieinhalb Monate nach Klageerhebung noch keine Stellungnahme der Stadt vor. Aussage des Richters: “Wir fordern das jetzt an.”

Dann wurden, ganz im Sinne des Bürgerbeteiligungmissverstehens dieses Gemeinderats, in der vergangenen Woche in nicht-öffentlicher Sitzung über drei Varianten von Fragen abgestimmt. Die ursprüngliche Frage der Bürgerinitiative als Variante C2, ob man für oder gegen die Bebauung von Breiwiesen sei. Und vor allem die Variante C3, ob man dafür sei, dass die Ausweisung von Gewerbeflächen im Bereich Breitwiesen unterbleibt und Hammelsbrunnen als Gewerbegebiet bleibt. Variante C1 spielte nicht wirklich eine Rolle. Es folgten Erklärungen und Positionen und ein wenig Diskussion.

Der Konsensuale

Und dann noch eine Überraschung: Hektische Sitzung am Montag, Pressemitteilung, man hätte ein “konsensuale Frage” abgestimmt. Und in der Sitzung ein Oberbürgermeister, der mit ernster Miene und eindringlicher Stimme anmahnte, dass man doch Befindlichkeit Befindlichkeit sein lassen sollte und nun endlich zu einer Entscheidung kommt, um die Stadt zu befrieden. Immer und immer wieder. Mit einer erstaunlichen Geduld:

Lasst uns doch diesen Weg gehen.

Wenn einer in der Öffentlichkeit sich für einen Bürgerentscheid eingesetzt hat, dann der Oberbürgermeister Bernhard. 50 Zuschauer waren Zeugen, ebenso wie die Presse. Volksnah, bürgernah, geläutert.

Ganz anders eine Frau Dr. König (CDU), die größte Zweifel hatte, ob der Bürger die komplexen Zusammenhänge verstehen könne. In den Reihen wurde geraunt: “Die hält sich wohl für schlauer als wir und uns für doof.” Oder ein SPD-Chef Metzeltin, der ellenlange Sätze schwadronierte um dann Bürgerbeteiligung als “positiv” zu werten, aber zu sagen:

Schließlich war es der Bürgerwille, dass wir als verantwortliche Vertreter gewählt worden sind.

Grünen-Stadtrat Uli Sckerl warb in nicht gerade häufiger Allianz mit dem OB für den Bürgerentscheid und falls kein Konsens gefunden werden könne, um eine Vertagung. Als klar war, dass das alles nichts werden würde, warf sich Bernhard erneut fürs Volk ins Zeug und warb, wenigstens die Variante C3 anzunehmen. Man könne dann immerhin die Bürgerinitiative doch nochmals fragen, ob sie das Bürgerbegehren für erledigt erklärt, die Klage zurückzieht und die Stadt, in Gottes Namen, die 2.500 Euro Kosten übernimmt.

Mehrheitliche Angst vor dem Urteilsvermögen der Bürger

Dann wurde die Sitzung unterbrochen, die Fraktionen berieten sich. Dann kam es zur Abstimmung. Erster Antrag, weil am weitesten von einem Konsens entfernt, der von der BI. Abgelehnt. Dann C3. Abgelehnt – auch gegen den OB. Dann der “konsensuale Vorschlag”. Abgelehnt – auch gegen den OB.

Und dann die Frage, ob das Bürgerbegehren für unzulässig erklärt werden soll? Angenommen, ebenfalls vom Oberbürgermeister, der die Hand in den Himmel streckte, als sei er drauf aus, sich die Schulter ausrenken zu wollen.

Die Gemeinderäte waren danach sichtlich angestrengt, der OB wirkte erschöpft, aber zufrieden. Hat er sich nicht gegen seinen ursprünglichen Willen auf die Bürgerbeteiligung eingelassen? Hat er nicht mit allen Mitteln und allem Einsatz bis zum Schluss geradezu für den Bürgerentscheid gekämpft? Er beugt sich dem Souverän, dem Gemeinderat. Der hat nun sowohl den Aufstellungsbeschluss gefasst, als auch die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens entschieden und damit die Ablehnung eines Bürgerentscheids bestätigt. Ganz nebenbei hat man auch noch 46.000 Euro Steuergelder verschwendet, die Antwaltskosten für Gutachten noch nicht gerechnet. Die verschwendete Zeit der Bürgerräte auch nicht.

Weinheim Plus kommentierte unser Facebook-Protokol (wir dokumentieren die Sitzungen live auf Facbook):

Eine Ohrfeige für die Bürgerräte!

Nach der Abstimmung massierte sich Herr Bernhard ein wenig die Schulter. Und wer ihn kennt, wunderte sich, dass kein Wort der Empörung von ihm geäußert wurde, obwohl er doch Befriedung und einen Bürgerentscheid wollte und all die Arbeit, die Aufregung und das Geld, das man noch nicht mal für Sporthallen hat “perdu” war.

Politisches Stretching

Vielleicht war er aber einfach zu erschöpft. Denn so ein Stretching kann schon anstrengend sein und ein gewisses Ziehen mit sich bringen. Und wer nur oberflächlich hinschaut, wird anerkennen, dass er der bürgernahe Bernhard ist, obwohl seine Partei, die SPD, im Begriff ist, die FDP in Sachen Bürgernähe auf einer Umgehungsstraße zu umfahren. Dafür gibt es den Chapeau.

Respekt gibt es keinen, weil Herr Bernhard zusammen mit der Mehrheit des Gemeinderats verantwortlich ist, dass sich die Unterzeichner des Bürgerbegehrens, die Bürgerräte, die Zuschauer und die Bürger, die sich das Thema interessieren, sich zu recht als verschaukelt vorkommen dürfen.

Ob sich neben all der Politikverdrossenheit tatsächlich in naher Zukunft nochmal jemand für so ein Theater gewinnen lassen wird, im Wissen, nur Statist zu sein und keine Rolle zu spielen, ist mehr als fraglich.

Ebenfalls fraglich ist der Ausgang der Klage. Das Ergebnis ist offen und wird das Thema weiter am Laufen halten. Die Chancen für die BI zu gewinnen stehen nicht gut. Die Chancen für die BI “Schützt die Weinheimer Breitwiesen” hingegen sind glänzend – beispielsweise für neue Bürgerbegehren, bei denen man sicher keine “Frist” mehr verpasst. Außer, man wird nochmal reingelegt.

Ob die Mehrheit des Gemeinderats die Kompetenz hat die Lektion gelernt, geschweige denn verstanden zu haben, darf ebenfalls als fraglich gelten.

 

Diskutieren Sie mit!

Live-Bericht aus der Gemeinderatssitzung

Weinheim, 26. September 2012. (red) Wir berichten wieder live aus der Gemeinderatssitzung über unsere Facebookseite. Sie können sich dort mit Fragen und Kommentaren beteiligen. Der interessanteste Punkt dürfte in Kürze der Tagesordnungspunkt 3 sein: Es geht darum, ob der Gemeinderat seinen Aufstellungsbeschluss zu Breitwiesen/Hammelsbrunnen aufhebt und welche Frage beim Bürgerentscheid gestellt werden.

Weinheimblog.de bei Facebook

Wir berichten wie immer live aus dem Gemeinderat

Liebe Leserinnen und Leser

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Weinheim, 26. September 2012. (red) Heute wird im Gemeinderat vermutlich eine wichtige Entscheidung gefällt – über den Bürgerentscheid zur Frage, ob das Gelände Breitwiesen gegen andere Flächen als Gewerbegebiet getaucht werden soll. Die fast 5.000 Unterzeichner und eine rührige Bürgerinitiative haben erreicht, dass sich “die Politik” nicht einfach über die Bürger/innen hinwegsetzen kann, sondern kompromissfähig bleiben muss. Doch die Frage bleibt, welcher Kompromiss gefunden wird.

Von Hardy Prothmann

Hardy Prothmann ist Chefredakteur des Weinheimblog.de

Wir bilden uns nicht ein, dass wir einflussreich an der Entwicklung hin zum Bürgerentscheid teilgenommen haben. Wir wissen, dass unser Weinheimblog.de mittlerweile eine feste Größe in Weinheim ist. Und wir bleiben bescheiden, weil wir auch wissen, dass sich unsere Leserinnen und Leser bei uns informieren und auch andere Quellen nutzen und sich daraus ihre Meinung bilden. Das ist ganz im Sinne des Artikel 5 Grundgesetz und gut so.

Unsere journalistische Aufgabe ist genau das: Informationen zum Nutzen anzubieten. Niemand muss der Meinung der jeweiligen Autoren oder der gemeinsamen Arbeit der Redaktion an Themen sein. Aber jeder hat die Möglichkeit, diese Informationen für sich zu nutzen. In Teilen oder ganz oder gar nicht.

Wir haben das Dilemma und die Lösung als einziges Medium bereits vor einem Jahr klipp und klar auf den Punkt gebracht:

In Bayern werden die meisten großen Bauvorhaben mittlerweile fast standardmäßig per Bürgerbegehren oder Bürgerentscheid entschieden. Und das trägt sehr zur Entspannung bei statt zur Konfrontation. Ist die Bürgerschaft für oder gegen ein Projekt, ist die Linie klar. Im Fall der Zustimmung ist alles Handeln einfacher – im Fall der Ablehnung erspart man sich jede Menge Ärger.

Weder der OB noch einzelne Stadträte wollten das zur Kenntnis nehmen. Sie haben sich für “gar nicht” entschieden. Das hat 46.000 Euro Steuergelder für das Bürgergutachten gekostet und wir schätzen mal gut 10-20.000 Euro für den Anwalt. Und ein Jahr Zeitverlust. Mal ganz abgesehen von all der Reiberei. Aber gut. Das ist Demokratie. Wir sind da nur Dienstleister. Man muss nicht auf uns hören.

Zum Thema Breitwiesen haben wir äußerst umfangreich informiert. Teils auch sehr “pointiert”. Wie gestern, als wir den Oberbürgermeister der dreifachen Täuschung in der Sache bezichtigt haben. Das tun wir nicht, weil uns gerade danach ist, sondern weil wir recherchieren, vor Ort sind, Hintergrundgespräche führen und das Themengebiet analysieren, bevor wir berichten.

Und selbstverständlich sind wir uns bewusst darüber, dass ein Vorwurf der “Täuschung” keine Lappalie ist. Der Oberbürgermeister Heiner Bernhard kann dies zurückweisen und sich beispielsweise juristisch dagegen wehren. Durch eine Abmahnung. Wir sind fast sicher, dass er so klug ist, dass nicht zu tun. Denn wenn am Ende herauskäme, dass er zwar nicht getäuscht, aber auch nicht wahrhaftig war – was hätte er gewonnen?

Gegenüber dem Internet ist Herr Bernhard immer noch sehr skeptisch, ob das mit seinem Alter oder seiner Mitgliedschaft in der SPD (die uns gegenüber fast kritischer eingestellt ist als die CDU, die aber insgesamt von uns oft mehr kritisiert wird) können wir nicht entscheiden. Er ist ein analoger Mensch, bevorzugt die Zeitung, obwohl er mit der auch nicht so viele gute Erfahrungen hat. Aber damit ist er halt aufgewachsen.

Herr Bernhard könnte sich also auch entscheiden, einfach gar nicht auf uns zu reagieren. Das wäre eine kluge Entscheidung. Zunächst. Aber irgendwie auch nicht, denn unser Kommentar wird ja für “ewig” unwidersprochen im Internet stehen. Nicht sehr angenehm.

Er kann auch diese Variante wählen: In der Gemeinderatssitzung wird er empört über irgendwelche haltlosen “Vorhaltungen” im Internet und sozialen Netzwerken reden und sich dagegen verwahren und sie als blödes Zeugs abtun. Diese Variante hat er schon ein paar Mal gewählt. Dann hat er sich abreagiert und öffentlich geäußert. Nur schade, dass wir ihm heute mit dieser Vorhersagung die Show gestohlen haben.

Was bleibt ihm also? Die Variante vier. Er zeigt ab sofort eine gnadenlose Transparenz, den Willen zum Kompromiss und eine noch größere Ehrlichkeit.

Damit können wir gut leben. Denn wir haben nicht verstanden, warum er sich überhaupt in seine aktuell desolate Lage gebracht hat. Der Hoiner ist ein klorer Kerl – vor allem, wenn er klar und ehrlich ist. Alles andere steht im schlecht zu Gesicht.

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Breitwiesen: "Konsensuale Fragestellung" für Bürgerentscheid gefunden?

„Sind Sie dafür, dass im Bereich Breitwiesen die Ausweisung von Gewerbeflächen im Rahmen eines flächengleichen Tauschs mit anderen im Flächennutzungsplan dargestellten Gewerbeflächen unterbleibt?“

Weinheim, 25. September 2012. (red/pm) Wie wir bereits am Vormittag berichtet haben, soll dem Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwoch, 17 Uhr, ein weiterer Beschlussvorschlag vorgelegt werden, der eine “konsensuale” Fragestellung für den Bürgerentscheid in Sachen Breitwiesen/Hammelsbrunnen enthält. Aktuell hat die Stadtverwaltung eine mit den Vertretern der Bürgerinitiative abgestimmte Presseerklärung verschickt, die unseren Bericht bestätigt. Sollte der Gemeinderat den Vorschlag annehmen, wird es am 18. November einen Bürgerentscheid geben. Wenn nicht, verzögert sich der Prozess weiter.

Information der Stadt Weinheim:

“Gemeinsame Presseerklärung der Bürgerinitiative „Breitwiesen“ und der Stadtverwaltung Weinheim

Breitwiesen – Konsens in Sicht?

Leicht war es nicht, was sich die Bürgerinitiative „Breitwiesen“ und die Spitze der Stadtverwaltung vorgenommen hatten: Ein Konsens sollte gefunden werden, das war der Auftrag des Ausschusses für Technik und Umwelt. Ein Konsens darüber, wie die Frage denn nun lauten sollte, die den Bürgern am 18. November zu stellen ist, um das Thema „Breitwiesen “in einem Bürgerentscheid endlich zu beantworten.

Schon in der Ausschusssitzung war klar, dass enge Grenzen zu setzen sind. Die einfachste, auch in der Vorlage genannte Frage war von der Verwaltung nicht gewollt: „Sind Sie dafür, dass im Bereich „Breitwiesen“ die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt?“ Das war genau die Formulierung des Bürgerbegehrens, zu dieser hat sich die Initiative verpflichtet gesehen, allen voran die Vertrauenspersonen, die Landwirte Fritz Pfrang und Karl Bär.

So zu fragen sei aber nicht klar genug, befand Oberbürgermeister Heiner Bernhard zusammen mit dem Ersten Bürgermeister Torsten Fetzner, da die Frage des Flächentauschs nicht benannt sei.

Die Ergänzung der Frage, die dem Ausschuss vorlag, lautete demnach so: „Sind Sie dafür, dass im Bereich „Breitwiesen“ die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt, das heißt, dass die bisherige Ausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet „Hammelsbrunnen“ erhalten bleibt?“

Daraufhin wurde die Verwaltungsspitze beauftragt, mit der Bürgerinitiative einen Konsens über die Fragestellung auszuarbeiten und dem Gemeinderat in seiner öffentlichen Sitzung am Mittwoch, 26. September, vorzulegen. Diese „Konsensrunde“ fand am Montag im Rathaus statt.

Es gab etliche Vorschläge, die von der jeweils anderen oder gar von beiden Seiten nicht als sinnvoll eingestuft wurden. Nach einer Stunde schien die „Konsensrunde“ erschöpft – die Verhandlung fast gescheitert, kein Kompromiss in Sicht. Trotz freundlicher Atmosphäre und immer neuer Textentwürfe. Doch die Teilnehmer nahmen den Konsensauftrag ernst und es gab wieder neue Bemühungen.

Und schließlich kam doch ein Konsens zustande, nach insgesamt fast zweieinhalb Stunden. Zwischenzeitlich wurden Termine abgesagt und Besprechungen verschoben – immerhin hat es sich gelohnt. Zwar geben die Verhandlungspartner zu, dass der Text nun etwas sperrig geraten ist – aber es handelt sich um eine „konsensual gefundene Fragestellung“. Und das war die Zielsetzung.

Jetzt hoffen die Verhandlungspartner nur, dass der Gemeinderat am Mittwoch diesem Konsens auch folgt. Denn wenn wieder andere Vorschläge auf den Tisch kommen, kann sich die ganze Prozedur noch hinziehen. Dabei legen beide Partner, Stadtverwaltung und Bürgerinitiative, Wert darauf, dass der Bürgerentscheid am 18. November stattfindet und nicht erst im kommenden Jahr.

Die Fragestellung lautet nun: „Sind Sie dafür, dass im Bereich Breitwiesen die Ausweisung von Gewerbeflächen im Rahmen eines flächengleichen Tauschs mit anderen im Flächennutzungsplan dargestellten Gewerbeflächen unterbleibt?“ Da steckt beides drin, die ursprüngliche Frage und der Flächentausch, der den Anlass gegeben hat zum Bürgerbegehren und den ganzen Diskussionen um Breitwiesen, Hammelsbrunnen und weitere Gebiete.

Die Vertreter der BI erklärten sich außerdem bereit, bei diesem Vorgehen die anhängigen Klagen wegen Unterlassung und Verzögerung zurückzunehmen.
Denn auch darauf legen die Verhandlungspartner in dieser gemeinsamen Pressemitteilung Wert: Eine Annäherung in der juristischen Bewertung ist ebenso Ergebnis der mühsamen Verhandlung und sollte daher ebenso den gemeinderätlichen Segen erhalten. Denn mit langen Klageverfahren, ist letztlich keinem gedient.”

Breitwiesen: Oberbürgermeister spielt offenes Poker mit falschen Karten

Die Öffentlichkeit wird wie ein Bulle am Nasenring durch die Manege gezogen

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Oberbürgermeister Bernhard muss “Größe” beweisen, sonst beschädigt er sich, die Bürgerschaft und eine mögliche gewerbliche Entwicklung. Bild: Stadt Weinheim

Weinheim/Rhein-Neckar, 25. September 2012. (red/pro) Die Verwaltung hat dem Gemeinderat für die kommende Sitzung am 26. September eine 14-seitige Beschlussvorlage in Sachen Breitwiesen vorgelegt. Nach unseren Informationen fand gestern ein “Schlichtungsgespräch” statt, dessen Ergebnis die Vorlage nochmals verändert. Wenn sich die Bürgerinitiative darauf einlässt, spielt sie dem Oberbürgermeiser in die Hände. Denn der hat vor allem ein zeitliches Problem. Bürgerbeteiligung ist da zweitrangig.

Von Hardy Prothmann

Alles begann mit einer Täuschung. In der Sitzung vom 19. Oktober 2011 setzte Oberbürgermeister Heiner Bernhard (SPD) den Gemeinderat unter enormen Druck. Entweder entscheide man jetzt über den Flächentausch Hammelsbrunnen gegen Breitwiesen oder die Regionalplanung würde Hammelsbrunnen festschreiben und Breitwiesen sei “verloren”. Seiner Darstellung nach gab es keinen Ausweg. Keine Vertagung. Jetzt oder nie.

Täuschungen

Die zweite Täuschung schloss sich in der Sitzung an:

Noch ist nichts entschieden.

Sprich: Ein Tausch der Flächen bedeute noch keine Entwicklung der Flächen. Es gab keinen Zweifel, man konnte das nur so verstehen, wie der OB das vorgab:

Es geht um die Option, welche der Flächen wir möglicherweise entwickeln.

Die Bestätigung der zweiten Täuschung steht im aktuellen Verwaltungsentwurf, der am Mittwoch abgestimmt werden soll. Die “Option” ist eine Tatsache und “möglicherweise” wird “zeitnah” und  und konkret. Wieder wird ein Druck erzeugt, den es “eigentlich” gar nicht gibt. Und wieder soll der Gemeinderat den von der Verwaltung favorisierten Vorschlag beschließen.:

Wenn sich die Bürgerinnen und Bürger im Bürgerentscheid für die Verschiebung der gewerblichen Bauflächen vom Hammelsbrunnen in die Breitwiesen aussprechen, wird die Verwaltung zeitnah das am 19.10.2011 begonnene Verfahren zur Änderung des Flächennutzungsplans wieder aufnehmen und fortsetzen. Falls sich die Bürgerinnen und Bürger im Bürgerentscheid – unabhängig von der letztlich vom Gemeinderat gewählten Fragestellung – aber mehrheitlich gegen eine Ausweisung von Gewerbeflächen im Bereich Breitwiesen aussprechen, wird die Verwaltung aufgrund des bekannten Mangels an größeren Gewerbeflächen zeitnah in eine Aktivierung der gewerblichen Baufläche Hammelsbrunnen einsteigen, die erforderlichen Planungsschritte für eine mit dem Flächenutzungsplan konforme gewerbliche Entwicklung vorbereiten und dem Gemeinderat einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan zur Beratung und Beschlussfassung vorlegen.

Die Verwaltung führt in der Vorlage ebenfalls länglich aus, dass die Öffentlichkeit seit 2007 Zeit gehabt hätte, ein zulässiges Bürgerbegehren zu erwirken. Leider, leider habe die Öffentlichkeit diese Möglichkeit nicht wahrgenommen und damit “Pech” gehabt. Die umgekehrte Frage, warum die Verwaltung selbst nicht Monate vor der unter Druck entstandenen Entscheidung klar ihre Ziele öffentlich dargestellt hat, lässt die Vorlage unter den Tisch fallen. Ebenso die Frage, wieso der Beschluss “auf den letzten Drücker” erwirkt worden ist. War es Schlamperei der Verwaltung? Hatte man einen Termin übersehen? Oder wurde bis zum Ende gewartet, um den maximal vorstellbaren Druck aufzubauen? Das sind Fragen, auf die die Öffentlichkeit sicherlich auch gerne eine Antwort hätte, aber vermutlich keine bekommt.

Alternativlose Entscheidung?

Aus rechtlicher Sicht der Stadt wurde nicht “nichts entschieden”, sondern klar ein Aufstellungsbeschluss mehrheitlich festgelegt, wie sich später durch ein beauftragtes “Rechtsgutachten herausstellte”. Damit war der Flächentausch entschieden. Die Stadt lässt daran keinen Zweifel.

Es ist nicht gerade üblich, einen Oberbürgermeister des Täuschens zu bezichtigen. Und wir sind uns durchaus über die möglichen Folgen im Klaren. Der Oberbürgermeister nimmt unsere Aussagen so hin und damit auch, dass wir ihn als Täuscher bezeichnen – oder er verklagt uns, um eine gerichtliche Entscheidung zu erwirken.

Nun hat der Oberbürgermeister Heiner Berhard dem Gemeinderat in öffentlicher Sitzung eindringlich klar gemacht, dass die Entscheidung im Oktober 2011 erfolgen “muss”. Alternativlos. Ja oder Nein. Denn sonst würde Hammelsbrunnen ohne wenn und aber “festgeschrieben”. Was wie ein Ausreizen eines offen Pokerblattes klang, war ein Spiel mit falschen Karten.

Denn erstaunlich ist, dass es wohl eine gewisse “Flexiblität” doch zu geben scheint. Es gibt also noch ein Ass im Ärmel. Aktuell informiert die Verwaltung, dass es durchaus eine “Verhandlungsbereitschaft” des Verbands Region Rhein-Neckar gibt und damit bestätigt sich die erste Täuschung:

Da mit dem Beschluss des Bürgerentscheids auch die Rücknahme des Aufstellungsbeschlusses vom 19.10.2011 verbunden ist, stellt sich auch hier die Frage nach dem Regionalplan. Für den Fall, dass die Rücknahme des Beschlusses allein zur konkreten Durchführung eines Bürgerentscheids im November 2012 und damit einer zeitnahen und abschließenden Entscheidung über die weitere Flächenentwicklung dient, hat der VRRN gegenüber der Verwaltung zugesichert, dass die derzeitige Ausweisung im Regionalplan vorläufig bestehen bleibt. Abhängig vom Ergebnis des Bürgerentscheids wird der VRRN ggf. den Regionalplanentwurf anpassen.

Überraschende Anpassungsmöglichkeiten

Es bestehen also durchaus “Anpassungsmöglichkeiten”. Und das ein Jahr nach einem vom OB als “absolut”, “jetzt oder nie mehr” dargestellten Termins. Wie geht das? In der Oktobersitzung hatten die Grünen eine Vertagung verlangt. “Jetzt oder Nie” war die Antwort des Oberbürgermeisters. Kein Aufschub möglich. Unter keinen Umständen. Und ein Jahr später ist der VRRN bereit, den Regionalplanentwurf “anzupassen”? Die Öffentlichkeit wird wie ein blöder Bulle am Nasenring durch die Manege gezogen, darf Mu sagen, aber bis heute nichts entscheiden.

Doch damit nicht genug – auch der Oberbürgermeister ist bereit, sich an die aktuellen Verhältnisse anzupassen. Aus dem Umfeld der Bürgerinitiative wurde von sieben Klägern völlig zu Recht am 05. Juli 2012 eine Untätigkeitsklage gegen den Gemeinderat am Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereicht, weil das aus Sicht der Verwaltung “unzulässige” Bürgerbegehren gegen den Aufstellungsbeschluss bis heute nicht abschließend behandelt ist. Die Kläger haben beantragt, das Bürgerbegehren für zulässig zu erklären. Im März hatte der Gemeinderat eine Entscheidung darüber vertagt. Tatsächlich hätte der Gemeinderat – auch hier zeitnah – entscheiden müssen. Als Frist gilt ein Zeitraum von drei bis sechs Monaten als “geboten”. Diese Frist ist spätestens im Mai 2012 abgelaufen. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe bestätigte uns den Eingang der Klage – eine Erwiderung der Stadt liegt bis heute nicht vor! Das Gericht hat nun die Akten angefordert.

Klagen erzeugen “Unsicherheit”

Eine Klage ist immer unangehm und kostet Zeit, Geld und Nerven. Und sie verhindert Entscheidungen. Und sie erzeugt “Unsicherheit”. Am Mittwoch soll über das Bürgerbegehren und einen Bürgerentscheid entschieden werden. Da aber eine Klage anhängig ist, kann keine sichere Entscheidung gefällt werden:

So lange ein solches Klageverfahren nicht entschieden ist, kann nicht mit Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Bürgerentscheid über den Flächentausch (…)  Bestand haben wird. Denn im ungünstigsten Fall könnte abschließend der Verwaltungsgerichtshof Mannheim – entgegen des oben dargestellten und aus Sicht der Verwaltung plausiblen Rechtsgutachtens – von den erkennbaren Linien seiner bisherigen Rechtsprechung abweichen und das Bürgerbegehren nachträglich für zulässig erklären.

“Im ungünstigsten Fall” also? Also dem, dass die Bürger Mitsprache verlangen und das Recht dazu bekommen? Die Vorlage der Verwaltung spricht Bände über das “Geflöte” von Bürgernähe und Bürgerbeteiligung. Die ist im Zweifel “ungünstigst”.

Dann drückt die Verwaltungsvorlage die eigentliche Sorge klipp und klar aus:

Im Falle einer Klage gegen die Nichtzulassung des Bürgerbegehrens müsste also – unabhängig vom Ausgang des Klageverfahrens – von einer längeren Phase der Unsicherheit ausgegangen werden, in der die Diskussionen in der Stadtgesellschaft weiterliefen.

“Diskussionen in der Stadtgesellschaft”? Wie unangenehm. Und auch noch eine “Phase der Unsicherheit”. Wie schrecklich.

Sicherheit versprach sich Oberbürgermeister Heiner Bernhard durch “Bürgerbeteiligung”. Teuer erkauft für 46.000 Euro. Und das ohne “eindeutiges Ergebnis” – obwohl man sich viel Mühe gegeben hat, auch das noch zu “frisieren”. Klar ist, dass die Bürger/innen den Bauwahn und die Flächenversiegelung nicht wollen. Sie wollen andererseits Entwicklung, aber nicht nach dem Betonmischer-Prinzip wie früher. Ein großes Dilemma. Denn der mittlerweile vom Oberbürgermeister “zugesagte” Bürgerentscheid wird kommen. Der Ausgang ist aber nach wie vor unklar.

Bürgernähe vs. beschämendes Verhalten

Beschämend ist das Verhalten des Oberbürgermeisters. Erst kommuniziete er, dass er aus “rechtlichen Gründen” einem Bürgerentscheid aufgrund des Bürgerbegehrens widersprechen würde (ist ja rechlich nicht zulässig). Er sei dazu Kraft Amt “gezwungen”. Dann lenkte er ein und beauftragte leider eine Universität mit der Bürgerbeteiligung. Das Projekt wurde zwar stark kritisiert, aber das uneindeutige Ergebnis zeigte zumindest, dass das einem Spin-Doctor-Unternehmen wie der IfoK nicht passiert wäre. Wieder stand der OB ohne “Mehrheit” dar – der Steuerzahler hatte 46.000 Euro geblecht.

Jetzt ist der Regionalverband verhandlungsbereit – sogar bis ins Jahr 2013, wenn am Mittwoch keine Entscheidung fällt.

Die könnte nach unseren Informationen fallen. Wenn die Kläger ihre Klage zurückziehen. Und die Bürgerinitiative ihr Bürgerbegehren für “erledigt” erklärt, die Kosten übermittelt, die Stadt (der Steuerzahler) diese begleicht, der Gemeinderat seinen Aufstellungsbeschluss zurücknimmt und ein “Alternativvorschlag” als Bürgerentscheidsfrage mehrheitlich beschlossen wird.

Konsensfragen

Die ursprüngliche Frage lautete:

Sind Sie dafür, dass im Bereich Breitwiesen die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt?

Die neue “konsensuale” Frage soll nach unseren Informationen lauten (Anm. d. Red.: Unterstreichung durch uns):

Sind Sie dafür, dass im Bereich Breitwiesen die Ausweisung von Gewerbeflächen im Rahmen eines flächengleichen Tauschs mit anderen im Flächennutzungsplan dargestellten Gewerbeflächen unterbleibt?

Wenn sich die Bürgerinitiative auf diesen “Konsens” einlässt, hat sie verloren. Denn dann wird die Stadt alle Möglichkeiten – und sie hat mehr als die Bürgerinitiative – nutzen, um klar zu machen, dass eine Bebauung von Hammelsbrunnen und anderen Flächen “vor der Haustür” Gewerbe, Lärm und Stress bringt. Und dazu angeblich weniger Geld. Ziemlich sicher wird es keinen Bürgerentscheid im November geben, sondern erst im Januar oder Februar 2013. Der Gemeinderat wird sich vertagen, wieder die Entscheidung verzögern. “Jetzt oder nie” spielt längst keine Rolle mehr.

Bis dahin werden die Bürger/innen “müde” sein. Die Energie lässt nach, die Empörung auch. Darauf wird der Oberbürgermeister spekulieren. Und auf mehr Zeit für ihn, Einfluss zu nehmen. Und selbst wenn mehr Bürger gegen Breitwiesen stimmen, bleibt dann noch die Frage, ob diese Mehrheit auch das Quorum schafft.

Überzeugte Bürgerbeteiligung?

Fest steht indes, dass der Oberbürgermeister den Gemeinderat und die Öffentlichkeit getäuscht hat. Mit seinen Aussagen zum Verfahren und mit seinem teuer bezahlten Versuch der “Bürgerbeteiligung”. Und hier – aller schlechten Dinge sind drei – gibt es die dritte Täuschung: Die Interpretation der Ergebnisse. Die ist klar gegen eine großflächige Entwicklung von neuen Gewerbegebieten – das weiß jeder, der sich die Zeit genommen hat, die Ergebnisse zu studieren.

Fest steht auch, dass die BI “Schützt die Weinheimer Breitwiesen” verlieren wird, wenn sie sich auf den “Konsens” einlässt.

Gescheit wäre es, die Klage zu verfolgen, weil der Oberbürgermeister “ungescheit” gehandelt hat. Dem schwimmen die Felle davon. Und das wird auch “zum Schaden” der Gemeinde sein, wenn man denn eine nicht stattfindende großflächige Entwicklung als “Schaden” empfindet. Es wäre aber auch zum langfristigen Wohl der Gemeinde sein, weil die Bürger/innen dadurch der Verwaltung zeigen könnten, dass nichts mehr gegen sie geht.

Was mit Ihnen geht, das ist dann eine spannende Frage und eine neue Entwicklung. Oberbürgermeister Heiner Bernhard ist noch lange genug im Amt, um sich hier einen hervorragenden Namen zu machen. So gesehen kann er einen aus seiner Sicht schlimmen Verlust zur Chance machen. Man darf gespannt sein, ob er die ergreift.

Menschlich ist er “klorer Kerl” – ob er auch politisch das Zeug dazu hat, die Bürger aus Überzeugung zu beteiligen, oder ob er sie nur am Nasenring durch die Manege führen will, wird sich am Mittwoch und in den nächsten Wochen zeigen.

19 Uhr im Rolf-Engelbrecht-Haus

Bürgergutachten wird heute Abend vorgestellt

Weinheim, 13. September 2012. (red) Die Forschungstelle Bürgerbeteiligung der Universität Wuppertal stellt heute Abend im Rolf-Engelbrecht-Haus das umstrittene Bürgergutachten zum Thema Breitwiesen vor. Die Veranstaltung ist öffentlich.