"));

Dienstag, 27. August 2013

« »
Die Polizeistationen in Heidelberg und Mannheim halten eine Vorbereitung auf einen kritischen Ausnahmefall für nicht notwendig

Gasautos in der Metropolregion: (K)eine Zeitbombe?

Mannheim/Heidelberg/Rhein-Neckar, 13. März 2013. (red/zef). Ein vermeintlich ungefährlicher Auffahrunfall ereignete sich am 29.08.2012 in Passau: Niemand wurde schwer verletzt. Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge war gering, betrug zwischen 30 und 40 km/h. Aber eines der Fahrzeuge war ein Gasauto und der Tank wurde beschädigt. In kürzester Zeit bildete sich ein explosives Gas-Luft-Gemisch, was von der Polizei aber nicht erkannt worden ist. Gesichert wurde die Unfallstelle erst, nachdem die Feuerwehr angerückt und die gefährliche Situation erfasst hatte. Vorbereitet war man darauf allerdings auch bei der Passauer Feuerwehr nicht. Die Gefahrenstelle konnte nicht unmittelbar entschärft werden. Wie sind die Feuerwehren und Polizeistationen in der Metropolregion auf solch einen Fall vorbereitet?

Von Ziad-Emanuel Farag

Stadtbrandinspektor Andreas Dittelmann von der Feuerwehr Passau zufolge, habe die Rettunsgstelle einen gewöhnlichen Gasauto-Unfall gemeldet. Schwer verletzt wurde niemand.

Bei einer Geschwindigkeit von 30-40 km/h fuhr ein Auto auf ein anderes auf. Vor Ort hörten wir ein lautes Zischen.

Es kam aus einem Gasauto. Der Gastank war beschädigt.

Daraufhin nahm die Feuerwehr Messungen vor und stellte fest, dass ein explosives Gas-Luft-Gemisch vorlag. Auf diese Situation war sie nicht vorbereitet. Laut Dittelmann habe nicht einmal der ADAC gewusst, was genau zu tun sei:

Weder der ADAC, noch die herbeigerufenen Abschleppunternehmen wussten, was man dagegen genau tun könne. Man riet uns aber, keinesfalls an der Anlage „rumzuschrauben“ und abzuwarten, bis das Zischen aufhört. Daher sperrten wir die Straße ab und ließen das Gas kontrolliert entweichen. Wir bannten die Gefahr schließlich unter Einsatz von Wassersprühnebel.

Die Feuerwehr Passau stellt sich nun besser auf solche Ereignisse ein:

Wir haben daraus gelernt und haben seitdem unsere Schulungen über alternative Antriebsarten intensiviert und dies nicht nur für Unfälle mit „Elektroautos“, sondern auch für Gasautos.

Die Polizei erkennt die Gefahr nicht

Nicht nur die Feuerwehr ist gefordert. Bei normalen Auffahrunfällen ist die Polizei die erste Anlaufstelle. Am heikelsten war die Lage vor dem Eintreffen der Feuerwehr: Es bestand Explosionsgefahr, ein Funke an der Stelle hätte genügt. Da wäre es wichtig gewesen, dass die Polizei die Unfallstelle entsprechend sichert. Das geschah laut Dittelmann nicht:

Von der brenzligen Situation wusste bis zu unserem Eintreffen aber niemand: Das Gas war weder zu sehen noch im Freien zu riechen, daher war auch die Unfallstelle nicht großräumig abgesperrt.

Eine solide Vorbereitung ist daher umso wichtiger. Auf den Vorfall angesprochen äußert sich Klaus Robl, Polizeihauptkommissar von der Polizei Passau:

Die Beamten konnten nicht auf den ersten Blick erkennen, dass es sich bei einem der beschädigten Fahrzeuge um ein gasbetriebenes Auto gehandelt hat. Erst nachdem zusätzlich Gasaustritt festgestellt worden war, wurden weitere Feuerwehrkräfte alarmiert und die Unfallstelle weiträumiger abgesperrt.

Die Gefahrenerkennung ist entscheidend

Laut Dittelmann ist die Gefahrenerkennung das Wichtigste:

Auslaufende Betriebsstoffe gibt es oft bei Verkehrsunfällen. Bei Fahrzeugen mit Kraftstoff wie Benzin oder Diesel sehen Passanten oder Einsatzkräfte vor Ort jedoch direkt den Austritt des Benzins und sperren alles um das Auto herum ab.

Für Robl besteht dennoch kein Grund, die Polizisten in praktischen Übungen dafür zu schulen:

Die Verhaltensweisen, die sich nicht wesentlich von denen bei Unfällen mit herkömmlichen Fahrzeugen unterscheiden, waren den eingesetzten Beamten bekannt. Entsprechende Merkblätter der Feuerwehr stehen auch Polizeikräften zur Verfügung.

Der ADAC Nordbaden gibt vermeintlich Entwarnung

Besteht bei Gasautos bei jedem – eigentlich glimpflichen – Unfall schneller Explosionsgefahr? Thomas Hätty vom ADAC Nordbaden gibt Entwarnung:

Bei unseren durchgeführten Tests zu Auffahrunfällen und Fahrzeugbränden wurden keinerlei Unterschiede zwischen gas- und benzinbetriebenen Fahrzeugen festgestellt.

Nach Informationen des ADAC sind die Gasbehälter durch Ventile so abgesichert, dass selbst bei heftigen Crashs oder Bränden keine Explosionsgefahr besteht. In Passau sei just dieses Ventil unglücklicherweise beschädigt worden, so der Passauer Polizeihauptkommissar Robl.

Nach aktuellem Stand handelte es sich bei dem Unfall in Passau also um einen Ausnahmefall. Dennoch sollten sich die Feuerwehren auf solche Fälle vorbereiten. Doch was, wenn beispielsweise ein Schulbus im Hochsommer eine solche Unfallstelle passiert und ein Funken eine Explosion auslöst? Den gegebenenfalls schwer Verletzten oder gar Toten ist mit der Einsicht, dass es sich hierbei um eine Ausnahme handelt, nicht geholfen.

Die Gefahr in der Metropolregion

Für die Metropolregion Rhein-Neckar ergibt sich daher zunächst folgende Frage: Wie viele Gasautos gibt es hier? Denn je mehr Gasautos es gibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass ein solch seltenes Szenario eintritt.

An gasbetriebenen Kraftfahrzeugen fehlt es in der Metropolregion Rhein-Neckar nicht: Allein in Mannheim, Heidelberg, Ludwigshafen sowie dem Rhein-Neckar-Kreis, dem Neckar-Odenwaldkreis und dem Landkreis Bergstraße in Hessen gibt es laut dem Kraffahrt-Bundesamt 6.646 gasbetriebene Fahrzeuge. Wie gut sind nun die Feuerwehren und Polizeistationen darauf vorbereitet?

Bei der Polizei Heidelberg und Mannheim finden keine praktischen Übungen statt. Beide beschränken sich auf ein elektronisches Lernprogramm, um ihre Polizisten zu schulen.

Die Feuerwehr in Mannheim geht mit dem Thema schon anders um. Thomas Jaqui, Ausbilder bei der Feuerwehr Mannheim, erklärt:

Praktische Übungen, um Gefahrenstellen verschiedenster Art mit verströmenden Gas zu sichern, gehören zu unserem festen Programm in der Aus- und Fortbildung. In Tiefgaragen ist es zum Beispiel schon häufiger vorgekommen, dass aus Autos Gas entwichen ist.

In Heidelberg hingegen hält man sich bedeckt. Harald Olbert von der Feuerwehr Heidelberg möchte keine schrifliche Stellungnahme abgeben. Dies sei von der Amtsleitung nicht erwünscht.

Es bleibt zu hoffen, dass sich eine solche Haltung, wie die der Polizeien in Mannheim oder Heidelberg sich nicht eines Tages rächt. Denn mit jedem weiteren Gasauto auf unseren Straßen wächst die potenzielle Gefahr.

Moderation von Kommentaren

Die Moderation liegt bei der Redaktion. Für uns steht fest: Kritische Diskussionen sind erwünscht, persönliche Beleidigungen hingegen werden entfernt. Wie wir moderieren steht in der Netiquette.