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Mittwoch, 04. September 2013

Bürgerinitiative zum Erhalt der Weinheimer Breitwiesen wartet auf Gutachten

“Bürgerferne des OB absolut ärgerlich und unverständlich”

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Die Bürgerinitiative bei der Übergabe von mehr als 5.000 Überschriften. Ganz links: OB Bernhard, Mitte: Fritz Pfrang.

Weinheim/Rhein-Neckar, 20. Januar 2012. (red/pm) Die Bürgerinitiative “Rettet die Weinheimer Breitwiesen” meldet sich abermals zu Wort und kritisiert das Verhalten von OB Heiner Bernhard. Der halte ein durch Steuergelder finanziertes Gutachten zurück. Die Initiative hat selbst ein Gutachten mit Spendengeldern erstellen lassen, dass in Kürze veröffentlicht werden soll.

Presseinformation:

“Die Bürgerinitiative zum Erhalt der Breitwiesen ist schwer enttäuscht über die mehr als bürgerferne Art und Weise, wie Oberbürgermeister Heiner Bernhard mit dem Bürgerbegehren umgeht. Sechzehn Prozent der wahlberechtigten Weinheimer Bevölkerung haben ihr Recht wahrgenommen und fordern über dieses Thema in einem Bürgerentscheid abzustimmen und der OB blockt jede öffentliche Diskussion darüber mit dem Hinweis auf Geheimhaltung ab.

„Diese Haltung zeugt von Bürgerferne und ist absolut unverständlich“

, äußerte der Vorsitzende des Bauernverbands Fritz Pfrang, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens. Falls er glaube, damit den Elan und die Entschlossenheit der Bauernschaft erlahmen zu können, täusche er sich gewaltig.

„Die konspirative Strategie des OBs lasse vermuten, dass das von ihm in Auftrag gegebene Gutachten nicht dem entspricht, was er gerne hätte“, meinte Matthias Hördt. Anders sei nicht erklärlich, weshalb alle die davon Kenntnis haben zur Verschwiegenheit verpflichtet wurden. Für die Initiative ist aber klar, dass die Bevölkerung ein Anrecht habe, umgehend über Inhalte des Gutachtens in Kenntnis gesetzt zu werden.

Schließlich habe der OB dieses nicht selbst bezahlt, sondern mit Geldern aus dem öffentlichen Haushalt, also Steuergeldern der Weinheimer Bevölkerung, sagte Ingrid Hagenbruch. Für sie zeigt der OB mit seiner Haltung nicht die erforderliche Souveränität, mit der ein kompetenter Verwaltungschef mit so einem berechtigten Wunsch der Bevölkerung normalerweise umzugehen habe.

Die Zeiten, in denen ein Bürgermeister wie ein Lokalfürst regieren könne, seien nun einmal vorbei. Und wenn aus der Bevölkerung so deutlich der Wunsch geäußert werde, zu einer Entscheidung mehr eingebunden zu werden, so müssten Verwaltung und Gemeinderat alles tun, um dies zu organisieren.

Laut Stadträtin Susanne Tröscher hätte der OB insbesondere zu akzeptieren, dass ein Großteil der Bevölkerung nicht bereit sei, seine Theorien über die Zusammenhänge von Wachstum, Wirtschaftsstruktur, Bevölkerungsentwicklung und interkommunalem Wettbewerb zu teilen; zumindest nicht ohne ausführliche Diskussion. Vor solch entscheidenden Weichenstellungen für die Zukunft, müsse unabdingbar das Votum der Bevölkerung eingeholt werden.

Stadträtin Elisabeth Kramer sieht durch die schon eingegangenen Spenden aus der Bevölkerung bereits deutlich bestätigt, dass es dieser sehr ernst ist. So wurde ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben, welches bald der Bevölkerung, dem Gemeinderat, dem Regierungspräsidium und dem OB zur Verfügung gestellt werde.”

Internet:
http://breitwiesen.blogspot.com/

Aktuelle Einwohnerzahl steigt auf 43.340

Weinheim wächst weiter

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2011 war ein Baby-Boom-Jahr. 618 Kinder wurden geboren - das ist die höchste Geburtenrate seit zehn Jahren. Bild: Stadt Weinheim

 

Weinheim, 17. Januar 2012 (red/pm)  Weinheim hat 2011 einen Baby-Boom erfahren – im vergangenen Jahr gab es die höchste Geburtenrate seit 10 Jahren. Insgesamt ist die Einwohnerzahl im Verlauf des Jahres um rund 300 Personen gestiegen. Und: Weinheim ist eine Stadt der Liebe – jedes zweite Paar kommt von außerhalb, um sich in der Zweiburgenstadt trauen zu lassen. Das Statistische Landesamt liefern viele interessante Zahlen. [Weiterlesen...]

Dieser Mann ist in diesem Amt nicht mehr tragbar

Die “Wulff-Affäre” ist ein Schlag ins Gesicht der Demokratie

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Rhein-Neckar/Berlin, 04. Januar 2012. (Aktualisiert, 05. Januar, 16:10 Uhr, 22:10 Uhr) Heute Abend hat Bundespräsident Christian Wulff (CDU) den öffentlich-rechtlichen Sendern ARD und ZDF ein Interview unter dem Titel “Bundespräsident Wulff stellt sich” gegeben. Das ist der vorerst makaberste Höhepunkt in der mittlerweile mehr als unappetitlichen Affäre Wulff. Denn ein Staatsoberhaupt stellt sich nicht. Ein Bundespräsident gibt keine Rechtfertigungsinterviews oder macht sonstige Kinkerlitzchen. Der Bundespräsident repräsentiert das deutsche Volk und Christian Wulff macht uns schämen.

Von Hardy Prothmann

Die Details der Geschmacklosigkeit dieses Auftritts sind so zahlreich, dass man nicht ins Detail gehen muss.

Der noch amtierende Bundespräsident Christian Wulff (CDU) hat sich um Kopf und Kragen geredet und man muss befürchten, dass er selbst diese öffentliche Pein als Bestätigung seiner selbst sehen wird.

Geld, Freundschaften, Amt

Herr Wulff glaubt tatsächlich, dass ein solcher Satz Verständnis erzeugt:

Ich möchte nicht Präsident in einem Land sein, in dem man sich nicht von Freunden Geld leihen kann.

Klar, das versteht jeder, der sich mal Geld in der Kneipe leiht oder ein paar hundert Euro für eine “Investition” oder sogar ein paar tausend, wobei das nur wirklich gute Freude locker machen (können).

Die Freunde eines Herrn Wulff sind sehr unterschiedlich zur Lebenssituation der allermeisten Deutschen. Worüber Herr Wulff spricht, über Freundschaft und Unternehmergeld, sind in seinem Fall 500.000 Euro – die er zu Konditionen erhalten hat, von der andere noch nicht mal träumen können.

Und man stelle sich die Angestellten, Arbeiter, Aushilfen vor, die eineinhalb Jahre nach Antritt des Jobs im öffentlich-rechtlichen Fernsehen vor einem Millionenpublikum feststellen, “dass man keine Karenzzeit” hatte, sondern ins kalte Wasser geworfen worden ist:

Hey, Leute, sorry, wir sind doch alle Menschen – niemand hat mich auf den Fließbandjob vorbereitet.

Protokoll und Probezeit

Immerhin hat Herr Wulff seinen “Fehler”, die Pressefreiheit zu bedrohen, eingestanden. Vermutlich denkt er, damit sei das Thema “abgehakt”. Protokollnotiz: “Entschuldigung abgehakt” – nächstes Thema.

Ist das so? Beim besten Willen nicht. Der Bundespräsident ist das Protokoll. Er ist der Repräsentant unsere Staates, unserer Verfassung. Und ein Bundespräsident verletzt das nicht und sagt hinterher: “Tschuldigung, ich muss das noch lernen.”

Das ist nicht mehr nur “peinlich”, das ist peinigend.

Der Vorgänger Horst Köhler hat aus seiner Perspektive heraus gedacht, dass Wirtschaftskriege legitim seien. Als er belehrt wurde, dass er mit solchen Äußerungen gegen die Verfassung, also die innere Verfasstheit, die innere Haltung des Staatswesens verstößt, hat er den “Kindergarten” sofort und konsequent verlassen. Der Mann war Unternehmer und hat entschieden. Seine geäußerte Haltung war inakzeptabel, sein Rücktritt zu respektieren.

Taktieren als Normalzustand

Christian Wulff ist Berufspolitiker und taktiert. Das ist nicht zu respektieren. Aber aus seiner Sicht ist das der Normalzustand und es ist zu befürchten, dass er die Aufmerksamkeit auch ein wenig genießt, denn die vergangenen eineinhalb Jahre registrierte kaum jemand, wo er sich gerade wieder hat fotografieren lassen. Dass er nach seinen Verfehlungen auch noch behauptet, das Amt gestärkt zu haben, macht einen fassungslos.

Und hier kommt der große Schaden ins Spiel. Nicht für Wulff – der hat sich selbst den größtmöglichen Schaden zugefügt. Sondern für das Amt, die Verfassung, die Verfassheit der Deutschen. Für die große Frage, ob eigentlich alles geht, wenn man nur dreist genug ist.

Eitles Aussitzen

Der Bundespräsident Christian Wulff schickt sich an, durch sein “Vorbild” dem deutschen Volk und seinem Staatswesen den größtmöglichen Schaden zuzufügen – aus purer Eitelkeit -, weil er gerne fünf Jahre im Amt sein möchte. Egal, was ist. Das will er aussitzen.

Angeblich habe sich das Amt des Bundespräsidenten verändert. Dem ist nicht so. Die Amtsinhaber haben sich verändert und nach einem Rau und einem Köhler folgt nun ein Wulff – und diese Entwicklung nimmt keinen guten Lauf.

Die ZDF-Journalistin Bettina Schausten stellt die Schlussfrage: ”…heißt, dass Herr Christian Wulff, ein Bundespräsident auf Bewährung vorerst bleibt?” Die Antwort ist bezeichnend:

Die Begrifflichkeit finde ich völlig daneben, weil wir diesen Begriff kennen, wenn gegen Gesetze verstoßen wurde. Ich habe weder jetzt im Amt als Bundespräsident gegen irgendein Gesetz verstoßen, noch vorher. Es geht nicht um Rechtsverstöße, sondern es geht um Fragen von Transparenz, von Darlegung, von Erklärung und dazu nutze ich auch diese Gelegenheit, um zu erklären, was ist und was war, aber –wie gesagt – den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig, sondern ich bin jetzt schweren Herausforderungen ausgesetzt, aber man muss eben auch wissen, dass man nicht gleich bei der ersten Herausforderung wegläuft, sondern dass man sich der Aufgabe stellt, und auch weiß, wem es in der Küche zu heiß ist, der darf nicht Koch werden wollen, wie es Harry S. Truman gesagt hat, und deswegen muss man offenkundig auch durch solche Bewährungsproben hindurch.

Wie absurd ist das? Christian Wulff hat als Staatsoberhaupt versucht, Transparenz zu verhindern und stellt sich nun dar, dass er diese verteidigen und retten wolle?

Sollte Christian Wulff (CDU) damit durchkommen, wird er als historisches Beispiel in der Geschichte als der Bundespräsident “gewürdigt” werden müssen, der die Bundesrepublik Deutschland offiziell in eine Bananenrepublik überführt hat.

Grundlegendes Missverständnis

Es gibt viele, die glauben, dass Deutschland längst nicht mehr weit weg ist von Frankreich oder Italien. Christian Wulff schickt sich an, den Beweis zu führen, dass er es mit Sarkozy und Berlusconi aufnehmen kann.

Leider fehlt ihm auch dafür jegliches Format.

Am Ende wird er verlangen, dass man ihm auch noch dafür dankbar sein muss.

Das aber ist das grundlegende Missverständnis der allermeisten deutschen Politiker in diesem Land: Nicht die Menschen müssen dankbar sein, einen dieser “Amtsinhaber” zu haben, sondern die “Amtsinhaber” müssten dankbar und willens sein, dass sie die Verantwortung übernehmen dürfen.

Doch das ist zu theoretisch wie einen vom Schlage Wulff.

Weitere Informationen:

Tagesschau.de

Komplette Abschrift bei netzpolitik.org

Themenseite bei Spiegel.de

Wikipedia-Eintrag zu Christian Wulff

Wikipedia-Eintrag Bundespräsident

Aktualisierung, 05. Januar, 16:40 Uhr:

Bild-Chefreakteur Kai Diekmann hat Bundespräsident Wulff gebeten, den Inhalt der Mailbox-Nachricht öffentlich machen zu dürfen, nachdem dieser im Interview eine von der Bild-Darstellung abweichende “Einschätzung” über den Inhalt gemacht hatte und “Transparenz” versprochen hat. Wulff hat in einem offenen Brief auf die Anfrage geantwortet:

Sehr geehrter Herr Diekmann,

für Ihr heutiges Schreiben danke ich Ihnen. Meine Nachricht vom 12. Dezember 2011 auf Ihrer Telefon-Mailbox war ein schwerer Fehler und mit meinem Amtsverständnis nicht zu vereinbaren. Das habe ich gestern auch öffentlich klargestellt. Die in einer außergewöhnlich emotionalen Situation gesprochenen Worte waren ausschließlich für Sie und für sonst niemanden bestimmt. Ich habe mich Ihnen gegenüber kurz darauf persönlich entschuldigt. Sie haben diese Entschuldigung dankenswerterweise angenommen. Damit war die Sache zwischen uns erledigt. Dabei sollte es aus meiner Sicht bleiben. Es erstaunt mich, dass Teile meiner Nachricht auf Ihrer Mailbox nach unserem klärenden Telefongespräch über andere Presseorgane den Weg in die Öffentlichkeit gefunden haben. Es stellen sich grundsätzliche Fragen zur Vertraulichkeit von Telefonaten und Gesprächen. Hier haben die Medien ihre eigene Verantwortung wahrzunehmen.

Wie ich gestern auf Nachfrage im Fernsehinterview sagte, ging es mir darum, der Bild-Zeitung meine Sicht darzulegen, bevor sie über eine Veröffentlichung entscheidet. Da ich mich auf Auslandsreise in der Golfregion mit engem Programm befand, konnte ich das aber erst nach meiner Rückkehr nach Deutschland am Abend des Dienstag, 13. Dezember, tun. Wie sich aus der Ihrem Schreiben beigefügten Mail ergibt, hatte deshalb mein Sprecher den recherchierenden Redakteur der Bild-Zeitung um Verschiebung der Frist zur Beantwortung des differenzierten Fragenkatalogs zu meinem Eigenheimkredit gebeten. Der Redakteur hatte aber nur Verlängerung bis zum Nachmittag des Montag, 12. Dezember, zugesagt. Es gab für mich keinen ersichtlichen Grund, warum die Bild-Zeitung nicht noch einen Tag warten konnte, wo die erfragten Vorgänge schon Jahre, zum Teil Jahrzehnte zurückliegen.

Das habe ich nach meiner Erinnerung auf der Mailbox-Nachricht trotz meiner emotionalen Erregung auch zum Ausdruck gebracht.

Angesichts der Veröffentlichung Ihres Schreibens an mich mache ich auch meine Antwort öffentlich.

Mit freundlichem Gruß

Aktualisierung, 05. Januar, 22:10 Uhr:

Der Bundespräsident hat wertvolle Begriffe wie Menschenrechte, Freundschaft und Pressefreiheit in seinen Rechtfertigungszusammenhang gebracht, den man nur als tief verstörend empfinden kann. Dass das Staatsoberhaupt in Zeiten der Ökonomisierung von allem und jedem zwischen Freundschaft und Geschäftsbeziehung nicht zu unterscheiden vermag, die interesselose Freundschaft betont, wo es ihm nutzt, und sich gleichzeitig als interessantes Anlageobjekt für ebendiese Freunde empfiehlt, um deutlich zu machen, dass es eben keine freundschaftlichen Gründe waren, die Frau Geerkens leiteten – das ist widersprüchlich, falsch und missbraucht Begriffe sozialer Identität, die sich dem politischen und ökonomischen Zugriff jenseits von sizilianischen Patenbeziehungen bislang entzogen haben.

-Frank Schirrmacher, FAZ

5.063 Unterschriften hat die Bürgerinitiative diese Woche an OB Bernhard überreicht.

Dokumentation: Stellungnahmen zum Bürgerbegehren “Breitwiesen”

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Darum gehts: Links in rot liegt das Gewann Breitwiesen. Hier soll Amazon ein riesiges Logistikzentrum planen. Rechts daneben liegt das Gewann Hammelsbrunnen, dessen Flächentausch der Gemeinderat am 19. Oktober 2011 beschlossen hatte. Bild: blogspot.breitwiesen.com

Darum gehts: Links in rot liegt das Gewann Breitwiesen. Hier soll Amazon ein riesiges Logistikzentrum planen. Rechts daneben liegt das Gewann Hammelsbrunnen, dessen Flächentausch der Gemeinderat am 19. Oktober 2011 beschlossen hatte. Bild: blogspot.breitwiesen.com

Weinheim, 02. Dezember 2011. (red/pm) Die Bürgerinitiative hat uns eine Pressemitteilung betreffend des Bürgerbegehrens “Schützt die Weinheimer Breitwiesen” zugesandt. Stellung nehmen auch die Grüne Alternative Liste (GAL), und die Partei Die Linke. Wir dokomentieren die Pressemitteilung/Stellungnahmen in voller Länge. Von CDU, SPD, FDP, den Freien Wählern (FW) und Weinheim Plus lagen uns zum Zeitpunkt der Veröffentlichung keine Stellungnahmen vor – wir ergänzen natürlich, falls es Stellungnahmen der anderen Fraktionen gibt. [Weiterlesen...]

Dokumentation: Das Medienmagazin Zapp (NDR) berichtet über die “Fischfutter-Affäre” Ströbele vs. Heddesheimblog

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Rhein-Neckar/Berlin/Hamburg, 01. Dezember 2011. Das Medienmagazin “Zapp” des Norddeutschen Rundfunks hat gestern in seiner Sendung unter dem Titel “Scharfe Geschütze: Ströbele vs. Heddesheimblog” über unsere Berichterstattung, die Abmahnung durch den Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele und die Folgen berichet.

Die vollständigen Interviews finden Sie auf der Seite von Zapp.

Die Dokumentation der Stimmergebnisse

Stuttgart 21: So stimmten die Gemeinden im Wahlkreis Weinheim ab

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Rhein-Neckar/Wahlkreis Weinheim, 27. November 2011 (red/mh) Das Volk Baden-Württembergs hat gestern zur Zukunft “Stuttgart 21″ abgestimmt und sich für den unterirdischen Ausbau des Stuttgarter Hauptbahnhofs entschieden.
Acht von zehn Gemeinden des Wahlkreises 39 (Weinheim) stimmten bei der Volksabstimmung dagegen.

[Weiterlesen...]

Dokumentation: Reaktionen auf die Fischfutter-Affäre Ströbele

Weinheim/Heddesheim/Berlin, 27. November 2011. Die Abmahnung einer unserer Schlagzeilen durch das Anwaltsbüro des Berliner Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Bündnis90/Die Grünen) hat zu einer Welle der Empörung geführt. Wir dokumentieren eine Auswahl dieser Reaktionen auf den Vorgang.

Wir hatten über einen Vorfall am Weinheimer Waidsee berichtet. Der Artikel erschien am Dienstag, den 22. November 2011. Bis zum Vormittag des 24. November 2011 war er rund 1.800 Mal aufgerufen worden.

Um 09:25 Uhr wurden wir per Fax abgemahnt. Gegen 14:00 Uhr korrigierten wir die Überschrift und erweiterten den Artikel um die Information der Abmahnung.

Bis zum späten Samstagabend wurde unser Artikel rund 55.000 Mal aufgerufen, 235 Kommentare wurden veröffentlicht (rund 50 gelöscht), rund 3.700 Facebook-Nutzer haben den Artikel “geliket”, über Twitter gab es über lange Zeit weit über 200 Tweets pro Stunde. Mit anderen Worten – der Text und das Thema hat deutschlandweit eine enorme Aufmerksamkeit erlangt.

Mindestens zwei Mal hat unser Server den vielen Zugriffen nicht Stand gehalten – teils versuchten über 3.000 Leser gleichzeitig auf den Artikel zuzugreifen. Nur der Umzug auf einen Hochleistungsserver und ein engagierter Support unseres Providers Domain-Factory machten eine Erreichbarkeit des Artikels möglich.

Die “Bild-Zeitung” machte Ströbele zum “Verlierer des Tages“, die Welt schrieb unter der Schlagzeile: “Ströbele, seine Frau und die Affäre Fischfutterkugel“, der bekannte Strafverteidiger Udo Vetter fragte: “Ströbele mahnt ab: Was ist eine Anzeige?“, der Berliner Tagesspiegel schrieb: “Ströbele geht juristisch gegen Blogger vor“, auf Facebook verlinkte uns die Seite “Gegen die Jagd auf Karl-Theodor zu Guttenberg” mit 334.000 Fans (was zunächst zu einem Absturz unseres Servers führte), dutzende Blogs und News-Seiten nahmen das Thema auf, verbreiteten es weiter und zogen wiederum Interesse und Kommentare auf sich.

Wir dokumentieren eine Übersicht über Onlinezeitungen und Blogs, die die Nachricht über die “Futtermittel-Affäre” des Berliner Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele (Bündnis90/Die Grünen) verbreiteten und kommentierten (Stand: 28. November 2011). Die Auflistung ist alphabetisch geordnet.

Recherche: Martin Heilmann (Tegernseer Stimme, zur Zeit als Gast-Redakteur in unserer Redaktion.)

  • aristo.excusado.net | http:// /comments.php?y=11&m=11&entry=entry111125-000131 | „Erstaunlich, wie kleinkariert mancher Zeitgenosse sein kann.“ Schilderung des Tathergang am Waidsee
  • Berliner Morgenpost | http://www.morgenpost.de/printarchiv/panorama/article1839007/Stroebele-und-das-Fischfutter.html | Prozess: Ströbele und das Fischfutter
  • blog.esowatch.com/ | http://blog.esowatch.com/?p=5391 | Wer für einen friedlichen Dialog mit den Taliban eintritt, selbst aber nicht mit 13-jährigen Jungs reden kann, hat seine Glaubwürdigkeit verspielt – der Kaiser ist nackt
  • blog.fefe.de/ | http://blog.fefe.de/?ts=b02e3206 | Lieber Herr Ströbele, wenn Sie das hier lesen: ziehen Sie ganz schnell den Eisenberg zurück und entschuldigen Sie sich bei dem Blog
  • blog.rekursivparadoxon.eu | http://blog.rekursivparadoxon.eu/2011/11/26/strobele-geht-baden/ | Wenn der Hans-Christian Ströbele (Grüne) das gemacht hätte, was man bei einem Jungendstreich so macht, nämlich herzlich darüber lachen und sich an die eigenen Jugendstreiche erinnern
  • bz-berlin.de | http://www.bz-berlin.de/archiv/meine-frau-hatte-eine-woche-kopfschmerzen-article1328763.html | “Meine Frau hatte eine Woche Kopfschmerzen”
  • tagesspiegel.de | http://www.tagesspiegel.de/berlin/stroebele-geht-juristisch-gegen-blogger-vor/5890128.html | Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele (Grüne) geht juristisch gegen einen Blog vor, der seiner Ansicht nach unzulässige und falsche Informationen über ihn und seine Frau verbreitet hat.
  • tagesspiegel.de | http://www.tagesspiegel.de/meinung/lesermeinung/stroebele-es-war-ein-unerfreuliches-urlaubserlebnis/5895494.html | Leserbrief/Leserkommentar von Herrn Ströbele persönlich
  • tobiasgillen.de | http://www.tobiasgillen.de/?p=4178 | Ströbele würde vielleicht gut daran tun, einen Gang zurück zu rudern und mal ein wenig das Feuer aus der Angelegenheit zu nehmen. Die Reaktionen in der Blogosphäre und auf Twitter deuten auf viel Gegenwind.
  • welt.de | http://www.welt.de/politik/deutschland/article13737206/Stroebele-seine-Frau-und-die-Affaere-Fischfutterkugel.html | Was geschah wirklich am Weinheimer Waldsee mit Christian Ströbele und seiner Frau?
  • welt.de | http://www.welt.de/politik/deutschland/article13739330/Fischfutter-Affaere-Stroebele-legt-auf-Facebook-nach.html | Ströbele rechtfertigt sich in der “Fischfutter-Affäre”: Seine Frau sei mit einem “Plastikgeschoss” attackiert worden, der Ärger also verständlich.
  • Westdeutsche Zeitung | http://www.wz-newsline.de/home/panorama/kopf-des-tages/hans-christian-stroebele-contra-heddesheimblog-der-fischfutter-fall-1.830506 | Ströbele contra Heddesheimblog: Der Fischfutterfall
  • zukunftskinder.org | http://www.zukunftskinder.org/?p=16479 | „Ein Mann in Herrn Ströbels Position muss einfach die Contenance wahren!“ Artikel weißt auf Unterlassungsklage gegen Heddesheimblog hin und dass Frau Ströbele Anzeige erstattete.

Wenn Sie weitere Vorschläge für diese Dokumentation haben, können Sie uns diese gerne per email: redaktion [at] heddesheimblog.de zusenden.

SWR-Dokumentation fasst die Entwicklung von Stuttgart 21 zusammen

Stuttgart 21 – Eine Chronik

Rhein-Neckar, 24. November 2011. (red) Am Sonntag stimmen die Bürger in Baden-Württemberg über das Milliardenprojekt Stuttgart 21 ab. Angeblich liegen Gegner und Befürworter in etwa gleich auf. Die halbstündige SWR-Dokumentation von Harald Kirchner und Bernd Schlecker zeigt die “Entwicklung” von Stuttgart 21 von Ende der 80-Jahre bis heute mit vielen Archivaufnahmen und “klaren” Aussagen – ein sehenswerter Film.

Sehr präzise zeigt der Film die Entstehungsgeschichte des Streitfalls Stuttgart 21. Besonders interessant: Immer wieder betonen die Befürworter, es handle sich um das “bestgerechnetste Bahnprojekt überhaupt” – über die Jahre muss aber immer wieder “nachgerechnet” werden und das Projekt wird Zug um Zug teurer und teurer.

Aktuell stehen die Prognosen schon fast bei sieben Milliarden Euro, der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Hauk hatte im Herbst 2010 in Hirschberg an der Bergstraße gar gesagt: “Es kann Baden-Württemberg wurscht sein, ob Stuttgart 21 zehn oder fünfzehn Milliarden Euro kostet.” Weiß Herr Hauk mehr als andere?

Nach einem Bericht von frontal21 (ZDF) wusste zumindest der frühere Ministerpräsident Günter Oettinger (CDU) mindestens seit 2009 von deutlich höheren Kosten, ließ diese “Erkenntnis” aber in der Schublade verschwinden und besiegelte das Projekt mit seiner Unterschrift. Er “schaffte damit Fakten”.

Andere Fakten schaffte der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU). Auch er “leistete” seine Unterschrift und verhinderte damit ein Bürgerbegehren, für das 67.000 Stuttgarter unterschrieben hatten.

Noch erstaunlicher ist das Demokratie-Verständnis des SPD-Politikers Rudolf Drexler (SPD), der den Initiatoren des Bürgerbegehrens die “Enttäuschung der Bürger” vorwirft, weil “klar war, dass der Bürgerentscheid nicht kommen kann” (ab Minute 16′).

Die SWR-Dokumentation fasst die Ereignisse ruhig zusammen – “erschütternd” ist die Dokumentation trotzdem.

Politische PR-Berichterstattung – RNZ schweigt

rnzimpressum

"Mens agitat molem" hat die RNZ als Leitspruch - "der Geist bewegt die Materie". Fragt sich nur, welche Art von Geist gemeinst ist.

Rhein-Neckar, 22. November 2011. (red) Am 17. November 2011 hat die Redaktion auf dem Rheinneckarblog.de aufgedeckt, dass die Rhein-Neckar-Zeitung (RNZ) politische PR-Propaganda für die CDU und Stuttgart 21 macht. Ein Text des CDU-Landtagsabgeordneten Georg Wacker war als redaktioneller Text getarnt in weiten Teilen inhaltlich und sogar wortgleich übernommen worden. Wir haben die Chefredaktion damit konfrontiert und um Auskunft gebeten, ob sich die RNZ noch als unabhängige Zeitung oder als Propaganda-Organ sieht. Die Frage scheint beantwortet.

Von Hardy Prothmann

Angeblich hatte den Text der Redakteur Stefan Hagen geschrieben – schließlich war der Artikel mit seinem Namen gekennzeichnet. Auf Rückfrage bei Herrn Hagen hat dieser den Text als seinen eigenen ausgegeben. Zu dumm nur, dass am Tag vor Erscheinen der Ausgabe der mehr oder weniger gleiche Text schon beim CDU-Politiker und früheren Staatssekretär Georg Wacker auf dessen Homepage erschienen war.

Wir haben die Chefredaktion der RNZ um Antwort gebeten, wie es dazu kommen konnte. Seit dem 17. November hatte die RNZ Zeit, zu der brisanten Frage Stellung zu beziehen, ob sich die Zeitung als unabhängig oder als parteipolitisches Propaganda-Blatt begreift. Oder, ob Herr Hagen gar als “Ghostwriter” für Herrn Wacker arbeitet und damit tatsächlich “seine eigenen” Texte in der Zeitung nochmals veröffentlicht? Immerhin beharrte er darauf, dass der abgedruckte “sein Text” sei.

Eine Antwort fehlt bis heute und wird vermutlich auch nicht mehr kommen. Doch auch eine Nicht-Antwort ist eine Antwort. Jede anständige Redaktion, die sich einem unabhängigen Journalismus verpflichtet fühlt, hätte geantwortet und diese vermeintlich unhaltbaren Vorwürfe zurückgewiesen oder im Falle eines Fehlers diesen eingestanden, korrigiert und die nötigen Konsequenzen gezogen.

Nicht so die RNZ-Chefredaktion. Die beiden Chefredakteure schweigen. Kein Dementi, kein Eingeständnis eines Fehlers, keine Erklärung. Nur ein schwaches Wegducken.

Tatsächlich ist es unerheblich, ob die Zeitung Parteipropaganda für die CDU oder eine andere Partei macht. Propaganda bleibt Propaganda und hat mit seriösem Journalismus nichts zu tun. Da kann die Zeitung noch so stolz sein, als erste Zeitung 1945 in Württemberg-Baden gegründet worden zu sein – mit solchen miesen Methoden rangiert man sich aufs journalistische Abstellgleis ohne Chance auf Anschluss.

Möglicherweise versteht man aber unsere Anfrage auch nicht, weil diese Art “zu arbeiten” mittlerweile der “publizistische Standard” bei der RNZ ist.

Immerhin: CDU-Mann Georg Wacker “steht zu seiner Interpretation” und hat auf einen weiteren Bericht von uns reagiert, in dem wir der CDU Weinheim unredliche Stimmungsmache vorwerfen.

Lesen Sie zum Thema:

Nachgefragt: Wie wird aus einer politischen PR-Meldung ein redaktioneller Text in der RNZ?

Wacker steht zu Interpretation der Herrmann-Antwort

Offener Brief an die CDU Weinheim: Unredlich ist, wer falsch Zeugnis ablegt

Offener Brief an die CDU Weinheim: Unredlich ist, wer falsch Zeugnis ablegt

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Der Originalauszug des Schreibens des Verkehrsministeriums. Stuttgart 21 wird in der gesamten Drucksache nicht ein einziges Mal auch nur erwähnt. Der CDU-Landtagsabgeordnete interpretiert daraus eine "Widerlegung der Propanda des Grünen-Abgeordneten Hans-Ulrich Sckerl", die RNZ führt diese Behauptung als Beleg an und die CDU Weinheim beruft sich auf die Zeitung, um unserer Redaktion "Unredlichkeit" vorzuwerfen. Das hat schon fast die Qualität "kommunistischer Kampfpropaganda". Quelle: Drucksache 15/754

 

Weinheim, 16. November 2010. Der Pressesprecher der Weinheimer CDU, Dr. Thomas Ott, hat uns eine “unredliche Berichterstattung” im Zusammenhang mit einem Interview zu Vor- und Nachteilen von Stuttgart 21 für die Region vorgeworfen. Dieser Vorwurf ist unhaltbar und das Gegenteil ist richtig: Nicht wir arbeiten unredlich, sondern die CDU äußert sich unredlich und stützt sich dabei auf eine falsche und unredliche Berichterstattung in der Rhein-Neckar-Zeitung.

Von Hardy Prothmann

Herr Dr. Ott – wir schätzen Sie wie alle anderen Leserinnen und Leser für kritische Kommentare. Wenn Sie allerdings anfangen, dummes Zeugs zu schreiben, bleibt uns nur, Sie zur Besinnung zu rufen. [Weiterlesen...]

Transparente Politik: Wie die kleine Gemeinde Seelbach anderen zeigt, was die Zukunft ist

Guten Tag!

Rhein-Neckar/Seelbach, 16. November 2011. Während sich die Bundesregierung seit kurzem scheinbar transparent gibt, gibt es sie bereits seit langem: Die echte Transparenz. Ein kleiner Ort im Schwarzwald macht vor, was andere nur vorgeben zu tun: transparente Politik. Die Gemeinde Seelbach überträgt, als wäre das eine Selbstverständlichkeit, die Gemeinderatssitzungen übers Internet. Einfach so. Und alle sind zufrieden.

Kommunalpolitik zuhause über den Bildschirm des Computers im Internet verfolgen – was vor zehn Jahren schier undenkbar schien, ist heutzutage kein Problem mehr. Zumindest technisch gesehen – in vielen Köpfen hingegen ist das noch eine “unerhörte” Sache.

Weniger Zuschauer im Saal können es nicht werden.

Dabei ist die Zuschauerresonanz bei den Gemeinderats- und Ausschusssitzungen meist mehr als überschaubar. Häufig kommen gar keine Gäste.

Dabei ist das politische Interesse der Bevölkerung durchaus gegeben – aber zwei, drei Stunden, manchmal noch länger zum Schweigen verurteilt im Raum zu sitzen, dafür haben nur wenige Zeit. Dabei interessieren sich die Menschen für die Ortspolitik. Reden auf der Straße, in der Kneipe, im Freundeskreis über das, was sie aus zweiter, dritter, vierter Hand haben.

Viele Themen sind nicht wirklich spannend – andere dafür aber von großer Bedeutung.

Wer noch arbeitet, gerade müde nach Hause gekommen ist oder sich um die Kinder kümmern muss, kann eventuell den Sitzungstermin nicht wahrnehmen, würde sich aber gerne später anschauen, was verhandelt worden ist.

Transparenz gibt Antworten und vermeidet Spekulationen.

Wer will es aber dem eigentlich interessierten Bürger verübeln, sich den Weg ins Rathaus zu sparen, wenn Entscheidungen und Beschlüsse in den Medien nachzulesen sind? Aber berichten diese Medien wirklich vorbehaltlos? Haben sie wirklich alle wichtigen Informationen richtig übermittelt? Oder wird gerne was vergessen, was nicht “in den Bericht passt”?

Wer wirklich informiert sein will, kennt das Original und vergleicht das mit der “Übermittlung” durch andere.

Wird jemand falsch oder nicht zutreffend zitiert? Wie soll man das wissen, wenn man nicht dabei war? Was sagen Bürgermeister und Gemeinderäte in den öffentlichen Sitzungen tatsächlich? Wer sagt was? Worüber und wie wird abgestimmt?

Alles live oder im Archiv abrufbar: Die Seelbacher Gemeinderatssitzungen werden bereits seit 2004 im Internet übertragen.

Eine Live-Berichterstattung kann den Bürgern all diese Fragen beantworten, ohne dass diese das Haus verlassen müssen – beispielsweise auch ältere Menschen, von denen immer mehr das Internet als Anschluss zur Welt schätzen lernen.

Widerstand kommt vor allem von den Gemeinderäten.

Die Betreiber lokaler Blogs und Internet-Lokalzeitungen kämpfen gegen viel Widerstand - gegen verstaubte Hauptsatzungen und viele Vorurteile lokaler Politiker. Einen (vorerst) weiteren, bedingt erfolgreichen Versuch, Lokalpolitik live ins Netz zu übertragen, gab es im September in Passau, wo einiger Wirbel um das Thema entstand.

Vor allem die SPD machte die Modernisierung zur Provinzposse – die SPD-Mitglieder wollten sich auf keinen Fall aufnehmen und zeigen lassen. So hätte die Übertragung mit jeder SPD-Wortmeldung unterbrochen werden müssen. Nachdem sich die SPD in Passau der Lächerlichkeit preisgegeben hat, hat man sich besonnen und ist nun doch “auf Probe” einverstanden, wie der Bayerische Rundfunk berichtet.

Engagierte Schüler und 5.000 Euro Budget fürs Bürgerfernsehen.

Es geht aber auch anders, wie eine kleine Gemeinde im Schwarzwald zeigt. Unter dem Titel Seelbach-TV überträgt die Gemeinde Seelbach bereits seit 2004 alle Gemeinderatssitzungen ins Netz und bietet sie anschließend lückenlos zum Download übers Internet an.

Das Gesamtbudget dafür beträgt vergleichsweise günstige 5.000 Euro pro Jahr. Acht bis neun Schülerinnen und Schüler der örtlichen Realschule führen in wechselnden Teams zwei Kameras und bedienen die sonstige Technik. Die Fachhochschule Kehl betreut das Projekt als Partner.

In den Sitzungen haben wir nie so viele Zuschauer, sagt Pascal Weber.

Hauptamtsleiter Pascal Weber ist begeistert: “Aus unserer Sicht ist das Projekt ein toller Erfolg.” Das zeigen die “Einschaltquoten” der 5.000-Einwohner Gemeinde: mehrere Dutzend bis weit über 100 “Zuschauer” hat das Bürger-TV in Seelbach. Regelmäßig.

Rechnet man diese Zahlen hoch, wären das beispielsweise für Hirschberg an der Bergstraße 60-180 Besucher pro Sitzung, für Ladenburg 70-200, für Weinheim 250-720 Besucher. Tatsächlich nimmt in Hirschberg oft niemand, manchmal wenige und sehr selten vielleicht ein Dutzend Besucher teil. Der aktuelle Besucherrekord in Weinheim war 2011 im Oktober mit rund 130 Zuschauern zum Aufregerthema “Breitwiesen” – sonst sind ein paar bis höchstens ein Dutzend Zuschauer die “Höchstgrenze” an Interesse.

SeelbachTV.de - Transparenz als Normalzustand.

Die Skepsis war schnell vorbei.

Gab es keine Bedenken? “Doch”, sagt Hauptamtsleiter Weber:

Zu Beginn waren rund ein Drittel unserer 18 Gemeinderäte skeptisch. Was wenn ich stammle oder blöd wirke, so in der Art waren die Bedenken. Aber nach den ersten paar Sitzungen hat sich die Skepsis gelegt und seitdem achtet keiner mehr auf die Kameras. Die gehören dazu.

Wer denkt, Seelbach ist vielleicht ein Ort, den “Aktivisten” übernommen haben, irrt. Seelbach ist eine absolut typische Gemeinde. Die CDU stellt sieben, eine Freie Wählerliste sechs und die SPD fünf Gemeinderäte – die meisten sind zwischen 50 und 60 Jahre alt.

Rechtlich abgesichert.

Rechtlich ist die Übertragung abgesichert: Alle Gemeinderäte und Verwaltungsangestellte haben ihre Zustimmung erklärt und Bürger werden in der Fragestunde um Erlaubnis gebeten: “Da hat noch nie einer widersprochen”, sagt Pascal Weber. Und laufen die Sitzungen anders als sonst? “Überhaupt nicht, die Gemeinderäte sprechen ihr breites Badisch und diskutieren die Themen wie immer.”

Seelbach ist insgesamt ein anschauliches Beispiel, wie transparente Lokalpolitik aussehen kann. Auf der Gemeindeseite werden die Beschlussvorlagen zu den Gemeinderatssitzung schon im Vorfeld veröffentlicht (inkl. aller Zahlen und Fakten) und auch die Sitzungsprotokolle stehen nach den Sitzungen schnell und dauerhaft online zur Verfügung.

Das sind traumhaft transparente Zustände – im Vergleich zu dem Großteil der Kommunen im Land ist Seelbach hier Spitzenreiter. Universitätsstädte wie Heidelberg sind dagegen altbacken – hier wurde Ende 2009 eine Live-Übertragung aus dem Gemeinderat per Beschluss verhindert.

Teilhabe erfodert auch mehr Transparenz der Entscheidungen.

Und wie traurig sind die Zustände in Nordbaden, unserem Berichtsgebiet: Pfenning in Heddesheim, der Sterzwinkel in Hirschberg und aktuell “Breitwiesen” in Weinheim sind drei absolute Negativbeispiele. Intransparente Entscheidungen am Bürger vorbei präg(t)en diese “Vorhaben”. Vieles wurde im Hinterzimmer entschieden, nicht-öffentlich und es ist kein Wunder, dass die Menschen alle Formen von Klüngel mutmaßen.

Der Forderung nach Transparenz und Bürgerbeteiligung steht die Realität gegenüber. Hier vor Ort werden so viele Themen wie möglich sogar bevorzugt “nicht-öffentlich” verhandelt.

Wer das ändern möchte, kann sich an den Gemeinderat seines Vertrauens wenden und nachfragen, wie lange das noch mit der Geheimniskrämerei weitergehen soll und ob man nicht endlich bereit ist, im 21. Jahrhundert anzukommen und sich das Interesses und die Kompetenz der Bürgerinnen und Bürger zunutze zu machen.

Mehr zum Thema gibt es auf dem Politblog [x Politics]. Dort geht es um Trends und Bewegungen, die fernab der parteipolitischen Tagesagenda die gesellschaftliche Zukunft gestalten und verändern.

Anmerkung der Redaktion:
Der vorliegende Artikel ist eine überarbeitete Fassung. Das Original wurde von der Tegernseer Stimme im bayerischen Gmund veröffentlicht, die ein ähnliches Lokalzeitungsnetzwerk betreibt wie unser Angebot. Der Geschäftsführer der Lokalen Stimme, Peter Posztos und Hardy Prothmann, verantwortlich für dieses Blog, betreiben zusammen die Firma istlokal Medienservice UG (haftungsbeschränkt), deren Geschäftsziel der Aufbau von unabhängigen Lokalredaktionen zur Förderung der Meinungsvielfalt und Demokratie ist.

Unter istlokal.de sind bislang rund 50 lokaljournalistische Angebote in einer Arbeitsgemeinschaft organisiert. Die Lokaljournalisten tauschen über weite Strecken hinweg Themen und Erfahrungen aus, die woanders vor Ort ebenfalls wichtig sind. Dabei nutzen sie das “weltweite Netz” heißt, um vor Ort kompetent, interessant, aktuell und hintergründig zu informieren.

Bürgermeister-Umfrage: Was bedeutet Stuttgart 21 fürs “Wohl und Wehe” der Gemeinden?

Unsere Animation zeigt, was man wählt, wenn man mit "Ja" oder "Nein" stimmt. Unsere Umfrage dokumentiert, wie die Bürgermeister zum Thema stehen. Animation: Christian Mühlbauer

Rhein-Neckar/Wahlkreis Weinheim, 14. November 2011. Das Streitthema um Stuttgart 21 wird am 27. November 2011 mit einem Ja oder Nein entschieden. Im Vorfeld warnen die Gegner vor den Folgen von Stuttgart 21 für die Region, wenn das Projekt weiter vorangetrieben wird. Die Befürworter warnen vor den Folgen, wenn es nicht weiter vorangetrieben wird. Es geht also ums “Wohl und Wehe” – auch für die Gemeinden in Nordbaden. Dazu haben wir die Bürgermeister im Wahlkreis 29/Weinheim befragt, wie diese zu Stuttgart 21 stehen. Die teils überraschenden Antworten lesen Sie in unserer Dokumentation. [Weiterlesen...]

Stuttgart 21: Parteipositionen im Überblick


Guten Tag!
Heddesheim, 08. November 2011. (red/cm)) Stuttgart 21 kennt viele Gegner wie Befürworter. Die großen Volksparteien vertreten dabei mitunter höchst unterschiediche Ansichten. Wir haben in der nachfolgenden Übersicht die Parteipositionen zusammengefasst. Am 27. November 2011 wird in einer Volksabstimmung über das Schicksal der derzeitigen Planung entschieden.

Von Christian Mühlbauer

Die eigentliche Intention von “Stuttgart 21″ ist laut Befürwortern, die Entwicklung von Stuttgart, der umgebenden Region sowie des Landes Baden-Württemberg zu fördern. Hierzu wurde bereits 1995 im Rahmen einer “Machbarkeitsstudie” des Bahnprojektes der Grundstein gelegt.

Aus dem Kopfbahnhof soll ein sogenannter Durchgangsbahnhof werden. Die Reisezeiten für Bahnkunden sollen sich verkürzen. Durch die Verlegung des Durchgangsbahnhofs unter die Erde soll darüber hinaus Fläche oberhalb bereitgestellt werden, die der städtebaulichen Entwicklung zu Gute kommt.

Problematisch sind jedoch die enormen Baukosten sowie die Dimensionierung des Projektes. Kritiker gehen davon aus, dass die geschätzten Kosten bei weitem nicht ausreichend sind.

Im Oktober 2010 hat der derzeitige CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Hauk auf einer Parteiveranstaltung in Hirschberg an der Bergstraße sogar behauptet, es “es kann Baden-Württemberg wurscht sein, ob Stuttgart 21 zehn oder fünfzehn Milliarden Euro kostet“. Derzeit ist die Zahl 4,4 Milliarden im Umlauf, nachdem es ursprünglich unter zwei Milliarden kosten sollte.

Der Spiegel berichtete aktuell, dass der frühere Baden-Württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), bereits 2009 über höhere Kosten Bescheid wusste, dies allerdings der Öffentlichkeit verschwiegen hat:

“Nach Informationen des SPIEGEL hatten Landesbeamte aus Baden-Württemberg auf Grundlage von Bahn-Unterlagen Gesamtkosten von mindestens 4,9 Milliarden Euro kalkuliert. Für wahrscheinlicher hielten sie sogar einen Endbetrag von bis zu 6,5 Milliarden.”

Und weiter:

“Der damalige Ministerpräsident und heutige EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) verbat sich daraufhin weitere Berechnungen: “Auf Wunsch des Herrn MP”, so heißt es in dem Vermerk, solle derzeit von einer “neuen Kostenberechnung abgesehen werden”. Entsprechende Zahlen seien “in der Öffentlichkeit schwer kommunizierbar”, schrieben Oettingers Beamte.”

Darüber hinaus ergeben sich zahlreiche weiteren umwelttechnischen Probleme. Auch die vorgebrachte Reisezeitverkürzung wird von Kritikern als kaum erwähnenswert angesehen.

Ob Stuttgart, das Umland sowie Baden-Württemberg selbst von diesem Bahnprojekt also letztendlich profitieren könnten oder damit nur ein Milliarden-Grab schaufeln, obliegt der individuellen Abwägung aller Argumente durch jeden Einzelnen.

Bündnis 90 / Die Grünen:

Die Grünen sind seit Beginn des Bauvorhabens Stuttgart 21 gegen das Projekt. Als das Landesparlament im Jahr 2006 einen Entschließungsantrag für die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm fasste, standen bei der Abstimmung lediglich die Stimmen der Grünen gegen das Bauvorhaben.

Die Partei nutzte das Bauprojekt sowie die dazu anhaltenden Proteste geschickt im Landtagswahlkampf 2011. Nicht zuletzt aufgrund dieses Engagements gelang den Grünen bei der Landtagswahl 2011 ein großer Sieg, bei dem die Partei über 12 Prozent mehr Stimmen einfahren konnte.

Gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPD stellen die Grünen den Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten. Der Koalitionspartner der Grünen vertritt jedoch keine ablehnende Haltung zu Stuttgart 21.

SPD:

Die SPD vertritt ebenso wie die beiden weiteren Parteien im Landesparlament die Ansicht, dass Stuttgart 21 ein erforderliches und wünschenswertes Bauvorhaben ist.

Man hat sich dennoch mit den Grünen als Koalitionspartner zusammengetan. Das Thema Stuttgart 21 ist ein zentraler Bestandteil des Koalitionsvertrages. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Claus Schmiedel erklärte Ende Oktober gegenüber der FAZ, dass er eine Veränderung des Koalitionsvertrages wünsche.

Darin sollen sich die Grünen verpflichten, von ihrer ablehnenden Haltung zu Stuttgart 21 abzuweichen, wenn die Volksabstimmung scheitern sollte.

Sollte die Volksabstimmung das Ende von Stuttgart 21 einläuten, will wiederum die SPD ihre befürwortende Haltung aufgeben und sich dem Volkswillen beugen.

CDU & FDP:

Die beiden letzten Vertreter im Landesparlament Baden-Württemberg vertreten seit jeher wie auch die SPD die Ansicht, dass Stuttgart 21 ein wichtiges Bauprojekt ist.- Die ersten Schritte zu diesem Projekt wurden unter einer CDU-Landesregierung gegangen, weshalb die bedingungslose Befürwortung nicht verwunderlich ist.

Das eingebrachte “S21-Kündigungsgesetz”, welches einen Rückzug des Landes aus dem Bauprojekt ermöglichen würde, wurde von der SPD sowie der CDU und FDP abgelehnt.

Stadtentwicklungsplan Stuttgart 21. Klicken Sie auf die Grafik, um zum Wikipedia-Eintrag zu gelangen. Quelle: Wikipedia, Stoeffler

Stuttgart 21 – Bedeutung für Baden-Württemberg

Erneuter Stromausfall – wird die Ausnahme bald zur “Regel”?


Guten Tag!

Weinheim, 07. November 2011. (red) Schon wieder war am Freitag, den 04. November 2011, in den nördlichen Stadtteilen der Strom weg. Mindestens fünf kapitale Stromausfälle gab es bei den Stadtwerken Weinheim schon in diesem Jahr. Betriebsleiter Andreas Ernst bedauert den Ausfall und rechnet in Zukunft mit einer höheren Stabilität.

Der vorerst neueste Stomausfall betrag das Stadtgebiet nördlich der B38 Innenstadt und Sulzbach. Ab 11:34 Uhr ging nichts mehr. Computer, Telefone, Küchen – alle elektrischen Verbraucher waren “tot”.

Als Grund nennen die Stadtwerke Umbauarbeiten in der 110kV Haupteinspeisung in der Tullastrasse. Die Schutzeinrichtungen des Haupttransformators sprachen an und schalteten den Transformator ab. Nach Umschaltungen im Netz konnte die Stromversorgung nach 15 Minuten wieder hergestellt werden – bis das Stromnetz allerdings wieder “stand”, soll es bis zu einer Stunde gedauert haben. Die genauen Ursachen sind nach Angaben der Stadtwerke noch nicht geklärt und werden derzeit analysiert.

Schon fast keine "alltägliche Meldung" mehr.

Die Pannenserie 2011 beginnt am 09. Februar 2011. Morgens ab 07:20 Uhr war Hemsbach für eine halbe Stunde ohne Strom. Am 02. Juli waren Weinheim-West und Lützelsachsen nachts gegen 04:00 Uhr fast bis zu einer Stunde ohne Strom. Am 14. August fehlte der Saft ab 18:00 Uhr in Weinheimer Weststadt und in Sulzbach bis zu 1,4 Stunden. Am 06. Oktober war der Strom ab 03:45 Uhr in der Sachsenstrasse, Wintergasse und Sommergasse für rund 20 Minuten weg.

Betriebsleiter Andreas Ernst sagte uns auf Anfrage: “Diese Fehler sind sehr bedauerlich. Durch eine Überlastung hat es einzelne Schäden gegeben, die wir leider nicht immer feststellen können.” Hintergrund: Vor allem die “Muffen”, also die Verbindungsstellen können schadhaft werden, wenn die Leistungskapazitäten überschritten werden. Den Fehler stellt man erst dann fest, wenn diese ausfallen: “Wir bemühen uns sehr engagiert, diese Stellen zu finden und auszutauschen. Der aktuelle Ausfall während Umbauarbeiten in der Tullastraße hatte allerdings nichts mit schadhaften Muffen zu tun – hier analysieren wir noch, wie es dazu kommen konnte.”

Muss man nun Sorge haben, dass es zu weiteren Ausfällen kommt? “Ich kann das nicht ausschließen. Aber ich rechne eigentlich nicht damit”, sagt Betriebsleiter Ernst.

Die Stromausfälle hatten auch Schadensersatzforderungen zur Folge: “Die gibt es und die werden geprüft – wir sind hier versichert. Viele Schäden bei Störungsfällen sind nicht regressfähig, das hat der Gesetzgeber so festgelegt, wenn doch, gibt es selbstverständlich eine Erstattung.”

Nur nicht für Normalverbraucher und Geschäftsleute. Die haben auch keine Notstromversorgung wie Krankenhäuser oder die Feuerwehr. Was rät der Fachmann? “Geräte für eine unterbrechnungsfreie Stromversorgung gibt es bereits ab 200 Euro. Gerade Händler oder auch kleine Betriebe sind gut beraten, wenn sie sich diese Anschaffung leisten, denn dann funktionieren die Kassen und Computer noch einige Zeit ohne Datenverlust. Auch wenn wir versuchen, zum Null-Fehler-Status zu kommen, gibt es weitere Störquellen, die unabhängig vom Netz für Ausfälle sorgen können, ein defekter elektrischer Verbraucher kann zum Kurzschluss führen. Über eine Absicherung muss jeder selbst entscheiden.”

Wer sich aus Ärger entschließt, zu einem anderen Stromanbieter zu wechseln, wird kein Glück haben: Auch die müssen den Strom ja über die vorhandenen Netze leiten – sind diese gestört, können auch andere nicht liefern.

Die Stadtwerke Weinheim unterhalten als Netzbetreiber rund 600 Kilometer Stromleitungen in Weinheim und Umgebung. In der Montage arbeiten zwölf Mitarbeiter, in der Steuerung vier im Schichtbetrieb.

Der Widerstand gegen die Breitwiesen-Bebauung geht weiter – Gegner planen “kassierendes” Bürgerbegehren – die Zeit tickt


Darum gehts: Links in rot liegt das Gewann Breitwiesen. Hier soll Amazon ein riesiges Logistikzentrum planen. Rechts daneben liegt das Gewann Hammelsbrunnen, dessen Flächentausch der Gemeinderat am 19. Oktober 2011 beschlossen hatte. Bild: blogspot.breitwiesen.com

Weinheim, 04. November 2011. (red) Am 19. Oktober 2011 hat der Gemeinderat mehrheitlich den Flächentausch Hammelsbrunnen-Breitwiesen beschlossen. Die Gegner der Bebauung lassen nicht locker und haben nun ein Bürgerbegehren gestartet. Eine schwierige Aufgabe. Zudem ist unklar, ob überhaupt ein Bürgerbegehren möglich ist – spannend wird hierzu die Haltung der Verwaltung sein. Sie müssen innerhalb von sechs Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses genau 2.500 Stimmen sammeln. Es gibt viele Gerüchte – hier sind die Fakten.

Auf einer Pressekonferenz am Freitagmorgen gaben die Vorsitzenden des Bauernverbands, Fritz Pfrang und Karl Bär, sowie die Stadträtinnen Elisabeth Kramer (GAL) und Susanne Tröscher (CDU) und der Stadtrat und Landtagsabgeordnete Uli Sckerl (Bündnis90/Die Grünen) ihre Entscheidung bekannt.

Der Text des Bürgerbegehrens lautet:

Bürgerbegehren “Schützt die Weinheimer Breitwiesen“
Antrag:
Die Unterzeichnenden beantragen einen Bürgerentscheid über die Frage:
Sind Sie dafür, dass im Bereich „Breitwiesen“ die Ausweisung von Gewerbeflächen unterbleibt?
Begründung:
Der Gemeinderat der Stadt Weinheim hat sich am 19. Oktober 2011 für eine Änderung des Flächennutzungsplans ausgesprochen. Dadurch sollen im Bereich „Breitwiesen“ im Wege der Verschiebung von Gewerbeflächen wertvolle landwirtschaftliche Anbauflächen in Baugelände für gewerbliche Ansiedlungen umgewandelt werden. Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf die städtebauliche Entwicklung, auf Stadtbild, Umwelt und Klima sowie für die Zukunft unserer Landwirte. Wegen dieser erheblichen Bedeutung soll die Entscheidung mittels eines Bürgerentscheids von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Weinheim getroffen werden.
Kostendeckung gem. § 21 Abs. 3 Satz 4 GemO: entfällt. Die Unterzeichnenden berechtigen die unten genannten Vertrauenspersonen, das benannte Bürgerbegehren zu vertreten und im Falle eines Kompromisses zurückzunehmen oder abzuändern, soweit dies für die Zulässigkeit erforderlich ist. Des Weiteren werden alle zukünftigen Unterzeichner des Bürgerbegehrens berechtigt, die auf dieser Liste bereits eingeschriebenen Daten einzusehen.

Das Bündnis gegen die Breitwiesen-Bebauung ist also überparteilich besetzt und wird von den Juristinnen Ingrid Hagenbruch und Andrea Reister unterstützt (bekannt aus dem “Bündnis für Weinheim”).

In einer ersten Unterschriftenaktion hatten die Breitwiesen-Gegner bereits knapp 2.000 Unterschriften als Protestnote gesammelt. Diese gelten nicht mehr – die erforderlichen 2.500 Unterschriften müssen neu auf den Listen zum Bürgerbegehren geleistet werden.

Sollte dies gelingen, kommt das Bürgerbegehren als Tagesordnungspunkt in den Gemeinderat. Der entscheidet über die Zulässigkeit. Wird diese bestätigt folgt ein Bürgerentscheid, bei dem 25 Prozent der wahlberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner ihre Stimme abgeben müssen. Ist dies der Fall, entscheidet die jeweilige Mehrheit über das Ergebnis auf eine “Ja/Nein”-Frage. Wird die Mehrheit nicht erreicht, trifft der Gemeinderat die letztgültige Entscheidung.

Überschrift der Unterschriftenliste für das Bürgerbegehren gegen die Breitwiesen-Bebauung

Fraglich ist, ob das Bürgerbegehren zulässig ist. Würde es es sich um einen “klassischen” Aufstellungsbeschluss handeln, wäre die Frage entschieden. Gegen einen solchen kann nach Auffassung des VGH Mannheim (Urteil “Rheinstetten”) nach der Gesetzeslage kein Bürgerbegehren und auch kein Bürgerentscheid stattfinden.

Hier gilt eine so genannte “Negativliste”.

§ 21
Bürgerentscheid, Bürgerbegehren

(1) Der Gemeinderat kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen aller Mitglieder beschließen, dass eine Angelegenheit des Wirkungskreises der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist, der Entscheidung der Bürger unterstellt wird (Bürgerentscheid).

(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über

1. Weisungsaufgaben und Angelegenheiten, die kraft Gesetzes dem Bürgermeister obliegen,
2. Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung,
3. die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten,
4. die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte,
5. die Feststellung des Jahresabschlusses und des Gesamtabschlusses der Gemeinde und der Jahresabschlüsse der Eigenbetriebe,
6. Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften sowie über
7. Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren.

Man darf gespannt auf die Haltung von Oberbürgermeister Heiner Bernhard sein. Der hatte die Unterschriftenleister als “schlecht informierte Bürger” betitelt, die “gar nicht gewusst haben, was sie da unterschreiben” – aus Sicht der Gegner eine “Unerhörtheit”, wie Elisabeth Kramer betont.

Sicherlich wird rechtlich von der Stadt geprüft werden, ob der “Aufstellungsbeschluss” zu einer Änderung des Flächennutzungsplans gleichbedeutend mit einer “Bauleitplanung” ist. In der Zusammenfassung nennt die Stadt den Beschluss “Aufstellungsverfahren” und stellt den Sachverhalt so dar:

4. 8. Änderung des Flächennutzungsplans zur Vollziehung einer flächengleichen
Verschiebung gewerblicher Bauflächen vom Gewann „Hammelsbrunnen“ am
Kreiskrankenhaus in das Gewann „Breitwiesen“ nordöstlich des Autobahnkreuzes
Weinheim
hier: Aufstellungsbeschluss
Der Gemeinderat beschließt mehrheitlich:
Für die in der Anlage der Sitzungsvorlage gekennzeichneten Bereiche im Gewann „Hammelsbrunnen“ zwischen B 38, Westtangente und Mannheimer Straße sowie im Gewann „Breitwiesen“ nordöstlich des Autobahnkreuzes Weinheim und südlich des Brunnwegs wird die Aufstellung der 8. Änderung des Flächennutzungsplans für den Bereich „Hammelsbrunnen / Breitwiesen“ beschlossen. Ziel der Planung ist eine Verschiebung der gewerblichen Bauflächen vom Gewann „Hammelsbrunnen“ in das Gewann „Breitwiesen“. Eine sich aus städtebaulichen Erfordernissen ergebende Anpassung des des räumlichen Umgriffs der Flächennutzungsplanänderung bleibt vorbehalten.

Noch hat die Natur die Breitwiesen in der Hand - künftig soll hier ein riesiges Logistikzentrum für Amazon.de entstehen. Bild: breitwiesen.blogspot.com

Sollte die Stadt die Auffassung vertreten, dass es sich auch hierbei um einen “bauleitplanerischen” Aufstellungsbeschluss handelt, würde es brenzlig für Oberbürgermeister Heiner Bernhard. Der hatte mehrmals gegenüber dem Gemeinderat klar betont: “Durch diesen Beschluss ist noch gar nichts entschieden.” Sollte dem nicht so sein, wäre das eine glatte Lüge in aller Öffentlichkeit gewesen.

Fest steht, dass der OB den Flächentausch unter Druck durchbekommen wollte – eine mehr als fragwürdige Entscheidung.

Die Bürgerinitiative jedenfalls gibt sich entschlossen und klagebereit: “Rheinstetten ist ein anderer Fall, sagen unsere juristischen Berater. Wir sind guter Hoffnung, dass wir mit einer Klage durchkommen. Aber darum geht es jetzt nicht – sondern um 2.500 Stimmen für ein Bürgerbegehren. Das ist ein demokratisches Verfahren und wir sind sehr gespannt, wie die Verwaltung darauf reagiert”, sagte Elisabeth Kramer auf unsere Anfrage hin.

Eine erste Stellungnahme kam sehr flott kurz vor 13:00 Uhr:

“Die Stadtverwaltung Weinheim respektiert selbstverständlich die Bemühungen, über ein Bürgerbegehren einen Bürgerentscheid herbeizuführen. Ein solcher Weg ist ja ausdrücklich in der Gemeindeordnung vorgesehen und daher auch das gute Recht jedes Bürgers. Da die Zulassung eines solchen Bürgerentscheides im Gesetz genau geregelt ist, wird es die Aufgabe der Stadtverwaltung sein, diese Kriterien auch genau zu prüfen. Das kann aber erst geschehen, wenn das Bürgerbegehren vorliegt, bzw. wenn die erforderliche Zahl von Unterschriften erreicht ist.”

Unverständlich ist, wieso die Initiatoren sich selbst angesichts der in der Verfassung genannten sehr kurzen Frist von sechs Wochen selbst beschränken:

” richtet es sich gegen einen Beschluss des Gemeinderats, muss es innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses eingereicht sein. “

Sechs Wochen sind genau sechs Wochen. Kein Tag mehr, keiner weniger. Das ist die Frist, die gilt, bis zum Ablauftag 24:oo Uhr nachts. Der Beschluss wurde am 19. Oktober gefasst. Wäre er am 20. Oktober 2011 verkündet worden, wäre das der “Starttag” laut “Bekanntmachungssatzung” der Stadt Weinheim:

Ҥ 1
Form der öffentlichen Bekanntmachungen
1. Öffentliche Bekanntmachungen der Stadt Weinheim ergehen, soweit gesetzliche Vorschriften nichts anderes bestimmen, durch einmaliges Einrücken des vollen Wortlautes der Bekanntmachungen in den „Weinheimer Nachrichten“.
2. Als Tag der Bekanntmachung gilt der jeweilige Ausgabetag der „Weinheimer Nachrichten“.”

Der “Zieltag” wäre demnach Donnerstag, der 1. Dezember 2011, 24 Uhr nachts. Die Initiatoren rufen aber zur Stimmabgabe bis zum 28. November 2011 auf und “verschenken” damit volle drei Tage der insgesamt sehr kurzen Frist.

Nach unserer vorläufigen Recherche ist der Beschluss noch nicht veröffentlicht worden. Dies konnten wir aber nur nicht gesichert feststellen – sobald wir genaue Kenntnis einer eventuell bereits vorgenommenen Veröffentlichung haben, korrigieren wir diese Stelle. Sollte es zutreffen, dass es noch keine Veröffentlichung gegeben hat, würde die Frist mindestens bis 17. Dezember 2011 laufen.

Dem Weinheimblog.de gegenüber bestätigte Oberbürgermeister Heiner Bernhard vor kurzem, dass das amerikanische Versandhaus Amazon.de Interesse angemeldet habe. Die Rede ist von einem 20 Hektar großen Logistikzentrum.

Durch den Flächentausch würden im Gewann Breitwiesen rund 42,5 Hektor Gewerbegebiet entstehen können. Die Landwirte um Fritz Pfrang und Karl Bär geben sich kämpferisch: Rund 7,8 Hektar verstreutes Gelände im Gewann gehört Bauern, die angeblich nicht verkaufen wollen. Das dautet auf eine schwierige und lange Auseinandersetzung hin.

Unsere Anfrage bei Amazon und eine Gesprächsbitte vom 25. Oktober 2011, beantwortete die Pressestelle heute, elf Tage später, spartanisch kurz:

“Amazon hat zu diesem Thema keinerlei Veröffentlichung vorgenommen, daher kann ich Sie hier leider nicht unterstützen. Wir bitten um Verständnis, dass wir zu Spekulationen keine Stellung nehmen.”

Spekuliert wird unter anderem auch, ob Amazon eventuell Interesse an dem unter großem Widerstand mittlerweile entwickelten Heddesheimer “Pfenning”-Gebiet haben könnte (siehe aktuell 366 Artikel dazu auf dem heddesheimblog.de).

Dort wurde 2009 die Planung für ein 20 Hektar großes Logistikgelände bekannt. Der Streit darum hat den Ort in zwei Lager gespalten. Versprochen wurden Arbeitsplätze und erhebliche Gewerbesteuerzahlungen. Im Herbst 2010 wurde der Bebauungsplan verabschiedet. Bislang gibt es allerdings keinerlei Anzeichen von Bauaktivitäten.

Im Gegensatz zu Weinheim hatten Heddesheimer Bauern und Bauernfamilien ihre Grundstücke dort klaglos- für 47 Euro/Quadratmeter an die “Phoenix 2010 GbR” der Viernheimer Unternehmer Karl-Martin Pfenning (“pfenning logistics”) und Johann Georg Adler (Immobilien) verkauft. Das Gelände soll laut Heddesheimer Landwirten “einer der besten Böden” sein.

Weitere Infos:

Die Initiative informiert auf einem Blog.

Der BUND auf seiner Homepage.

Unterschriftenlisten liegen hier aus:
Fritz Pfrang auf dem Bauernmarkt
Café Wolf am Rodensteiner Brunnen
Buchhandlung Hukelum am Rodensteiner Brunnen, Hauptstraße 21
Bauernhof Raffl / Törggelestube
Bauernladen Rauch, Bertleinsbrücke

Jeden Samstag vom 05. bis zum 26. November 2011 will die Initiative zudem an der Reiterin Unterschriften sammeln.