"));

Dienstag, 03. September 2013

« »
Hausrecht vs. Meinungsfreiheit

Zensurvorwurf gegen Facebook-Admins der Stadt

Erfolgreiche Facebook-Seite der Stadt Weinheim ohne klare Richtlinien.

 

Weinheim, 24. Mai 2012. Der Stadtrat Peter Lautenschläger (Weinheim Plus) hat den Facebook-Admins der Facebook-Seite der Stadt Zensur vorgeworfen. Der Vorwurf allerdings ist nicht gerechtfertigt. Die Stadt wäre trotzdem gut beraten, die Richtlinien für die Seitennutzung transparent zu machen.

Von Hardy Prothmann

“Eine Zensur findet nicht statt”, steht im Artikel 5 unseres Grundgesetzes. Das gilt aber nur für eine Zensur der Bürger durch den Staat. Und selbstverständlich können staatliche Behörden dann zensieren, wenn andere Rechtsgüter verletzt werden. Volksverhetzende Schriften beispielsweise können so umgehend verboten werden. Ruft man dann auch “Skandal! Zensur!”? Sicher nicht.

Eine staatliche Zensur findet (meist) nicht statt

Zensur findet in jedem funktionierenden Elternhaus statt, in dem Eltern ihren Kinder zum Beispiel das Schauen von nicht altersgerechten Filmen untersagen oder die Mediennutzung anderweitig reglementieren.

Und bei privaten Unternehmen werden Mitarbeiter ebenfalls zensiert – sie dürfen beispielsweise keine Geschäftsgeheimnisse verraten. Eine solche Zensur steht in keinem Widerspruch zur inner- und außerbetrieblichen Kommunikation und Meinungsfindung.

Eine private Zensur findet statt

Eine Facebook-Seite gehört zunächst mal immer Facebook und dann dem, der sie angemeldet hat. Und selbstverständlich hat man hier Hausrecht. Der Betreiber bestimmt, wer was posten darf. Ob da anderen “gefällt” oder nicht, spielt zunächst überhaupt keine Rolle. Eine Zensur ist nicht zu beanstanden, weil sie legal ist.

Auch wir zensieren immer wieder – häufig bei den Kommentaren, wenn diese beleidigende oder sinnfreie Inhalte haben. Diese werden dann nicht oder nur in Teilen veröffentlicht. Außerdem erreichen uns ständig “Pseudo”-Kommentare, über die andere Seitenbetreiber ihre Seite durch einen Link bewerben möchten.

Marco Ripanti, Social-Media-Experte aus Weinheim und einer der ehrenamtlichen Admins der Weinheim-Facebook-Seite, hat uns auf Anfrag erklärt, dass alle Kommentare, die einen Link enthalten, zunächst blockiert werden. Die Admins lesen diese Kommentare und schalten sie frei oder löschen sie. Nach eigenem Gutdünken. Das ist erlaubt und absolut in Ordnung.

Schade ist, dass die Admins die Kommentatoren bislang nicht darüber aufklären. Das könnte man im Info-Feld machen und die Regelung nennen. Denn für Kommentatoren ist es ärgerlich, wenn sie ihren Text schreiben und der danach im Spam-Filter landet, weil man einen Link eingefügt hat.

Wir lassen beispielsweise alle Links zu, teils löschen wir aber Kommentare, wenn diese eindeutig nur Werbung für eine andere Seite machen wollen und der Informationsgehalt gering ist. Die Kommentatoren werden dann von uns informiert.

Im vorliegenden Fall hat der Stadtrat Lautenschläger auf die Internetseite von Weinheim Plus verlinkt – handelt es sich dabei um eine “Werbung”? Das ist Ansichtssache. Wir hätten den Link drin gelassen, weil er der Informations- und Meinungsfindung im öffentlichen Raum dient. Völlig gleichgültig, ob man den dort auffindbaren Inhalten zustimmt oder sie ablehnt. Aus unserer Sicht hätten die Admins den Kommentar also freischalten sollen. Aber das ist unsere Sicht.

Regeln vs. Willkür

Und ob es besonders geschickt ist, einen Stadtrat zu zensieren, muss die Verwaltung selbst wissen.

Der Stadtrat und seine Fraktion haben aber zu vielen Fragen über die Zuständigkeiten für die Facebook-Seite mehr Möglichkeiten als der andere Nutzer. Weinheim Plus kann zum Beispiel einen Antrag in den Gemeinderat einbringen, wie und mit welchen Regeln die Facebook-Seite zu betreiben ist.

Da die Seite schon gut 4.700 Fans hat und damit ganz sicher öffentlichkeitswirksam ist, wäre es sicher an der Zeit, dass sich der Gemeinderat mit dem Thema befasst und zum Beispiel darüber debattiert, wie sich die Mitglieder dort selbst einbringen.

Da die Seite bislang über die Pressestelle verantwortet wird, erfahren die Nutzer überwiegend die Verwaltungssicht der Dinge, was eigenständige Positionen des Gemeinderats eventuell benachteiligt.

Wenn also Kommentare von Stadträten mit Links gelöscht werden, dann müssten auch Kommentare des Pressesprechers mit Links gelöscht werden, die eine “Werbung” für den Oberbürgermeister darstellen könnten. Denn der ist auch nur “ein” Mitglied des Gemeinderats und zudem SPD-Parteimitglied.

Wenn also Regeln aufgestellt und eingehalten werden, hätte alles seine Ordnung.

Sonst hat es den Anschein von Willkür – und das ist sicher nicht im Sinne der Stadt Weinheim.

Wir haben den Artikel auf der Facebook-Seite von Weinheim gepostet – mal schauen, ob er freigeschaltet wird. ;-) (Nachtrag: Er wurde freigeschaltet.)

Wir dokumentieren den gelöschten Kommentar ohne inhaltliche Wertung:

Dieser Kommentar wurde gelöscht, weil ein Link eingefügt war.

 

Moderation von Kommentaren

Die Moderation liegt bei der Redaktion. Für uns steht fest: Kritische Diskussionen sind erwünscht, persönliche Beleidigungen hingegen werden entfernt. Wie wir moderieren steht in der Netiquette.