Mariettas Kolumne: Nicht ohne meine Socke! Oder der Gassigang im Regen | weinheimblog
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Mariettas Kolumne: Nicht ohne meine Socke! Oder der Gassigang im Regen

Montag, 30. Mai 2011
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Rhein-Neckar, 30. Mai 2011 (red) Marietta berichtet aus ihrem bewegten Alltag. Ihre Geschichten kosten keinen Eintritt und sind mitten aus dem Leben – manchmal geht die Phantasie mit ihr durch, aber vielleicht auch nur wegen der Realität. Doch was ist real, was phantastisch? Bei Marietta mischen sich die Sphären. Im Mittelpunkt steht der Mensch – oder auch das Tier – und beide sind immer überraschend. Vor allem der eigene Hund, der so seine Ansprüche stellt. Auch, wenn es in Strömen regnet.

Von Marietta Herzberger

"... und nicht ohne meine Gummistiefel!"

Lieben Sie Spaziergänge im Regen? Nein? Ich auch nicht.
Das ist normal, so geht es Vielen. Spaziergänge im Regen, insbesondere bei Dauerregen, können bisweilen nicht nur feucht, sondern auch ganz schön lockig werden. Hundebesitzer wissen wovon ich rede.

Solange ich im Büro produktiv und konzeptionell tätig und kreativ sein kann, stört mich das Geprassel am Bürofenster nur latent. Der kommende Gassigang wird erfolgreich verdrängt. Ich schiebe mein knappes Zeitfenster gedanklich weiter auf und atme tief durch.

Nach Feierabend bleiben mir ziemlich genau zehn Minuten Zeit, mich elfengleich ins Auto zu wuchten, nach Hause zu rasen, meine Gebeine in die „Könnendreckigwerdenweilsieschondreckigsind-Jeans“ zu quetschen, das Riesenzottelvieh von Hund, welches wohlgemerkt schon mit zusammengekniffenen Hinterbeinen und vorwurfsvollem Hundeblick vor der Tür steht, zu schnappen und mindestens eine halbe Stunde im strömenden Regen über matschige Feldwege zu schlurfen.

Wer zum Henker wollte einen Hund? Ich!

Die den Hundebesitzern schmackhaft servierte künftige Bewegungsfreude stellt sich bei schönem Wetter ein. Ansonsten artet es zwei- bis dreimal täglich eher in Bewegungszwang aus.
Bei der Rückkehr stelle ich fest: Das Hundetrockenrubbel-Tuch ist noch vom Gassigang meines Mannes am Vormittag klitschnass. Egal, dieses Mal tut es das noch und der Rest vom Feld fällt dann eben im Laufe des Tages in der Wohnung ab. Also rubbele ich Socke, den Hund, trocken.

Nun ja, vielmehr vermische ich den Matsch gleichmäßig mit dem nassen Fell und bilde mir nur ein, es wäre halbwegs sauber. Dann schäle ich mich aus den nassen Jeans, stelle die Gummistiefel in die Tropfschale, werfe ein tränendes Auge auf meine Joggingschuhe, gebe dem Hund ein getrocknetes Schweineohr, weil er so schön Gassi im Regen war und versuche, mich selbst ebenfalls trocken und sauber zu bekommen. Danach genehmige ich mir etwas Schokolade. Weil ich so schön Gassi im Regen war!

Wie war das nochmal? Es gibt kein schlechtes Wetter …

Es gibt kein schlechtes Wetter, es gibt nur schlechte Kleidung. Recht haben sie, die Optimisten. In diesem Falle gehöre ich definitiv nicht dazu. Auch gute Kleidung wird dreckig und nass und muss gewaschen werden. Gute Kleidung darf man nicht mal in den Trockner geben. Ich bin kein Pessimist – nur ein bisschen unter permanentem Zeitdruck.

Seit Socke ticken bei uns die Uhren anders. Der Hund muss raus, komme was wolle. Keine Lust, schlechtes Wetter, Schneesturm, Hagel, gebrochenes Bein oder Menstruationsweltschmerz. Egal.
Meine Güte! Vorhin waren es noch Profits and Losts. Dann Matsch und Pfützen.

Was sind wir berufstätige Mütter doch für Allrounder! Tausendsassas, Alleskönner, eierlegende Wollmilchsäue, stets flexibel und einsatzbereit, nie krank – und wenn doch, dann wird dieser unliebsame Zwischenfall auf Termin zwischen Elternabend und „Anpassen der Zahnspange“ gelegt. Natürlich erst nach dem Büro, dem Gassigang, dem Mittagessen; nach dem täglichen Hausaufgabenterror – das heißt, wenn dann noch Zeit bleibt. Also eigentlich nie. Wir sind nur während des Schlafens krank und da schlafen wir uns gesund.

Manchmal kommt es auf den Hormonzustand an

Wie dem auch sei: Wir lieben Socke. Ohne ihn würde etwas fehlen. Die nie versiegende Flut von Hundehaaren, welche ganzjährig aus dem Hund fällt. Die Sabberfäden, welche er beim Schütteln an Wänden, Heizkörpern und Kleidungsstücken verteilt. Diese Dinge nehme ich je nach Hormonzustand mehr oder weniger gelassen hin.

Immer wieder schön: Er freut sich wie Bolle, wenn ich zurückkehre, nachdem ich nur kurz den Müll raus gebracht habe. Gemeinsam erkunden wir unbekannte Pfade im Odenwald und im Winter zieht er unsere Tochter mit dem Bob über schneebedeckte Wege. Socke ist ein fester Bestandteil unserer Familie, Joggingpartner, Freund, Clown und Beschützer. Socke ist nicht mehr wegzudenken.

Und nach einem Spaziergang im Dauerregen denke ich mir: “Ohne Socke wäre ich bei dem Sauwetter garantiert nicht raus gegangen.“ Was soll ich sagen? Auch ein Spaziergang im Regen hat was.

Danke Socke!

Marietta Herzberger.

Anmerkung der Redaktion: Marietta Herzberger lebt in Weinheim und schreibt in ihren Kolumnen über den ganz normalen Wahnsinn des Alltags. Erfundene Geschichten, in denen doch das eine oder andere wahr ist. Die Personen gibt es meistens, manchmal nicht. Mal ist es, wie beschrieben, mal gnadenlos überzogen. Es sind keine “journalistischen” Texte mit dem Anspruch auf Faktentreue, sondern Lesetext mit dem Ziel, Lesefreude zu verbreiten. Sie hat jede Menge Weisheiten gerne, zwei sind: “Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen” – Konrad Adenauer. Und: “Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren” – Bertolt Brecht. Wir wünschen unseren Lesern viel Lesespaß mit ihren Texten!

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Ein Kommentar zu Mariettas Kolumne: Nicht ohne meine Socke! Oder der Gassigang im Regen

  1. Biene on Montag, 30. Mai 2011 at 15:33

    Mann was hab ich gelacht. War nämlich auch Jahrelang Hubdebesitzerin. Stimmt alles was sie sagt.
    Marietta bringt es immer wieder fertig alltägliche Situationen in hübsche, humorvolle kleine Geschichten zu verpacken. Freu mich auf die nächste.

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