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Dokumentation der Haushaltsrede 2011: OB Heiner Bernhard

Donnerstag, 27. Januar 2011
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Guten Tag!

Weinheim, 27. Januar 2011. Als OB Heiner Bernhard in der ersten Gemeinderatssitzung 2011 den Haushaltsentwurf vorstellt, hat er eine gute Botschaft. Es ist sehr still im Gemeinderat. Bis 2019 müssen jährlich 1,1 Millionen Euro eingespart werden. Eigentümer werden zur Kasse gebeten, der Hebesatz für die Grundsteuer steigt auf 400 v.H. Gewerbesteuerzahler werden verschont: “Verlässlichkeit soll Vorrang vor kurzfristigen Verbesserungen haben”, sagte OB Bernhard.

Wir dokumentieren die Haushaltsrede ungekürzt in der zugesandten Schriftform. Es galt das gesprochene Wort.

“Meine Damen und Herren,

Oberbürgermeister Heiner Bernhard. Bild: Stadt Weinheim

ich lege Ihnen heute den Entwurf des Haushalts 2011 vor und muss Ihnen schon eingangs sagen: Die Eckwerte des Haushalts geben wenig Anlass zu Zufriedenheit.

Dies liegt daran, dass wir – trotz harter Einsparmaßnahmen – die Negativ-Entwicklungen nicht stoppen und schon gar nicht umdrehen können.

Hatten wir in der Mittelfristigen Planung im Doppelhaushaltsplan 2009 / 2010 bereits ab dem Jahr 2011 mit nennenswerten Zuführungsraten aus dem Verwaltungshaushalt gerechnet, mussten wir schon mit unserem Nachtrag die Prognose für sämtliche Jahre gewaltig nach unten anpassen.

Mit Vorlage des Haushaltserlasses 2010 vom 30. November 2009 war eine weitere Verschlechterung der Finanzzuweisungen verbunden. Die weltweite Wirtschaftskrise forderte auch von Weinheim ihren Tribut.

Richtig ist, dass sich die Lage durch die anziehende Konjunktur merklich gebessert hat. Richtig ist aber auch, dass wir – nach wie vor – nicht mit einer Zuführung aus dem Verwaltungshaushalt planen können. Trotz allerorts vermeldeter Steuermehreinnahmen in Milliardenhöhe kommt in Weinheim nicht genug an, um den negativen Saldo bei uns wenden zu können.

Seit Wochen lese ich mit Freude in den Zeitungen Überschriften, wie

„Vertrauen wächst wieder“ – „Ende des freien Falls“ – „Aufschwung steht auf breiten Füßen“ – „Deutsche Wirtschaft wächst kräftig“ – , „Die Krise war gestern“ – „Auf zu neuen Höhen“ – „Sachverständige erwarten Boom“.

Dies sind gute Botschaften – ich möchte sie nicht missen. Aber sie täuschen über die Realität in den Kommunen hinweg.

Die Kommunen in Baden-Württemberg werden auch 2011 – das ist dann das 4. Jahr in Folge – einen negativen Finanzsaldo haben. Nach dem Rekordminus von 2,6 Milliarden in 2009 wird 2011 nicht besser werden als das letzte Jahr. Da waren es über 1,5 Milliarden Euro.

Um diese dramatischen Finanzlage zu überwinden, haben die Kommunen die angesammelten Rücklagen – soweit sie welche angesammelt hatten – aufgebraucht. Das gilt auch für Weinheim. Hatten wir 2008 noch über 15 Mio. Euro Rücklagen, werden wir Ende 2011 nur dank eines verbesserten Jahresabschlusses 2010 gerade noch die Mindestrücklage halten. Und dies, obwohl wir unsere Investitionen deutlich herunter gefahren haben.

Diese reduzierten Investitionen mussten wir über Kredite finanzieren, um möglichst hohe Rücklagen zum Ausgleich des Defizits im Verwaltungshaushalt zur Verfügung zu haben. Nur so war es uns bislang möglich, haushaltsrechtlich handlungsfähig zu bleiben.

Die konjunkturelle Erholung in Deutschland hat zwar rascher als erwartet eingesetzt. Das lässt auch uns hoffen. Und wenn unser Staat schon jetzt erheblich höhere Einnahmen erzielt als geplant, sollten wir auch von einer Besserung unserer Situation ausgehen.

Die gegenwärtige Realität bei den Kommunen ändern diese Meldungen allerdings nicht. Für uns sind sie zwar der Silberstreif am Horizont, doch die See bleibt rau.

Unsere Gegenwart sieht so aus: Selbst wenn wir in Weinheim sämtliche freiwilligen Leistungen einstellen und damit unser auf Solidarität und Ehrenamt fußendes Gemeinwesen auf einen Schlag zerstören würde, wären unser Haushalt 2011 nicht ausgeglichen.

Ich denke, Sie verstehen deshalb, warum ich keine Euphorie verspüre und weshalb der wohl für alle Beteiligten oft quälende Prozess der Haushaltskonsolidierung noch nicht abgeschlossen ist.

Bereits 2005 hatten wir in einem für Weinheim noch nie da gewesenen Maß sämtliche Bereiche auf den Prüfstand gestellt, nicht nur die freiwilligen Aufgaben. Bereits damals wurde deutlich, dass größere Einsparpotentiale fast immer mit Personalabbau und mit dem Verzicht auf lieb gewonnene Leistungen zusammenhängen.

In den Vorberatungen zum Nachtragshaushalt 2009/2010 hatte der Hauptausschuss beschlossen, die Haushaltsstrukturkommission wieder zu aktivieren.

Zu schlecht waren die Zahlen, zu düster die Prognose.

Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat dann zwar die Gesetzmäßigkeit unserer Nachtragssatzung bestätigt. Die mit der Genehmigung verbundenen Auflagen, wurden jedoch gegenüber denen zum ursprünglichen Doppelhaushalt 2009/2010 nochmals verschärft. Insbesondere forderte die Rechtsaufsichtsbehörde ein Haushaltskonsolidierungskonzept.

Seit Beginn des letzten Jahres suchten Gemeinderat und Verwaltung in einer Haushaltsstrukturkommission deshalb erneut nach Wegen, unseren Etat zu sichern und zu stabilisieren. In insgesamt fünf Sitzungen wurde daran gearbeitet, die städtischen Ausgaben zu verringern und die Einnahmen zu verbessern.

Gleich in der ersten Sitzung am 4. Februar 2010 hatte die Haushaltsstrukturkommission festgelegt, dass durch nachhaltige strukturelle Veränderungen spätestens ab dem Jahr 2013 Ergebnisverbesserungen im Verwaltungshaushalt von jährlich 3,5 Mio. Euro erzielt werden sollen, Steuererhöhungen nicht eingeschlossen.

Dieses bewusst ehrgeizige Ziel haben wir bislang nicht erreicht.

Der Gemeinderat hat schließlich ein Haushaltskonsolidierungskonzept beschlossen, das vom Regierungspräsidium Karlsruhe akzeptiert wurde. Darin ist festgehalten:

die Reduzierung der bisher beabsichtigten Investitionen von 2010 bis 2013 um 16,8 Mio. €,
die Reduzierung der Zuschüsse an Vereine und Verbände von 2010 bis 2013 um 750.000 €,
die Reduzierung der Personalausgaben von 2010 bis 2013 um
1,5 Mio. € , ab 2014 um jährlich 750.000 €,
die Erhöhung von Steuern und Gebühren mit Mehreinnahmen von 2010 bis 2013 von 2,2 Mio. €. Die Erhöhung der Grundsteuer B allein bringt uns 540.000 Euro jährlich.

Ich habe hier bewusst die Summen für die nächsten 4 Jahre genannt, um deutlich zu machen, um welche Verbesserungsbeträge es sich im Verlauf weniger Jahre handelt. Ohne die Steuererhöhungen zu berücksichtigen, betragen die jährlichen Entlastungen dabei rund 1,1 Mio. €.

Die Entscheidung, nur realisierbare „Einzelmaßnahmen“ in das Haushaltskonsolidierungskonzept aufzunehmen, hat sich bewährt. Es hilft uns nicht, schöne Zahlen zu präsentieren, wenn ihnen später keine Taten folgen. Mit der Aufstellung des Haushalts 2011 müssen wir jetzt den Beweis antreten.

Meine Damen und Herren, Sie können davon ausgehen, dass sich die von Ihnen beschlossenen Maßnahmen im Entwurf 2011 wieder finden. Einzig bei der Unterhaltung der Außenanlagen und bei den Personalausgaben konnten die geplanten Einsparungen nicht in vollem Umfang berücksichtigt werden.

Unsere Konsolidierungsbeschlüsse werden dadurch jedoch nicht wesentlich beeinträchtigt.

Da sich Personalveränderungen nicht immer sicher vorhersehen lassen, werden bei den Personalkosten immer wieder Anpassungen notwendig sein.

Zu Recht haben wir betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

Aber, meine Damen und Herren, denken wir über weiteren Personalabbau nach, müssen wir uns auch darüber im Klaren sein, dass damit auch eine Reduzierung unseres Leistungsangebots verbunden ist. Und hier geht es nicht nur um lieb Gewonnenes oder Sinnvolles.

Viele der so genannten freiwilligen Aufgaben stehen für eine Leistungspalette, die nicht nur unsere liebenswerte Stadt prägen, sondern auch mittlerweile als Standard für selbstverständlich angesehen werden.

Unser Museum, die verschiedenen Bäder, die Angebote der Musik- und Volkshochschule, aber auch die Leistungen unserer Stadtbibliothek zählen dazu.

So selbstverständliche Dinge wie ein Kindergartenplatz, eine angemessene Auswahl an Schulen und die Grundschulbetreuung traue ich mich fast nicht als Leistung der Stadt zu nennen.

Die hohe Zahl der Planungen – sei es im ÖPNV-Bereich oder durch die vielen Bebauungspläne, um nur 2 Stichworte zu geben – binden Personal in verschiedenen Bereichen der Verwaltung, von den Ausgaben für externe Leistungen ganz zu schweigen.

Dies alles kostet die Stadt Weinheim bereits heute mehrere Millionen Euro und wird künftig noch weitere zusätzliche finanzielle Anstrengungen abverlangen.

Wissen Sie, was an dieser, unserer Situation so schlimm ist?

Wir alle wollen die guten Strukturen in Weinheim möglichst lange erhalten. Uns ist zwar längst klar, dass wir Abstriche machen, auf das Eine oder Andere künftig wirklich verzichten müssen und es nicht ausreicht, nur über die Notwendigkeit des Verzichts reden. Aber auf keinen Fall wollen wir ein funktionierendes Gemeinwesen zerschlagen.

Ich sehe uns da nach wie vor auf einem guten Weg, auch wenn dies von Jahr zu Jahr schwerer wird. Um erfolgreich zu sein, müssen wir Entscheidungen treffen, Entscheidungen, die keinem von uns leicht fallen, Entscheidungen, die schmerzen.

Ob dies dann reichen wird, kann Ihnen heute niemand garantieren. Wir haben jedoch keine andere Wahl. Denn ein „Weiter so“, können wir uns einfach nicht mehr leisten.

Unser Finanzminister in Baden-Württemberg hat die Aussage getroffen, dass die Leistungsfähigkeit der Kommunen die Grundlage für die Nachhaltigkeit und Stabilität unseres demokratischen Staates ist. Damit hat er Recht.

Auch seine Feststellung, die Gemeinden trügen einen Großteil der öffentlichen Investitionen und seien direkter Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger vor Ort, trifft zu.

Und wenn er betont, dass die Kommunen aus all´ diesen Gründen gerade in Zeiten der Krise auf eine angemessene und verlässliche Finanzausstattung angewiesen sind und deshalb Lösungen gefunden werden müssen, wie die Einnahmen der Kommunen verstetigt und somit mehr Planungssicherheit geschaffen werden kann, dann hören wir das alle gerne.

Und sein Kollege im Bund, Wolfgang Schäuble spricht sich in seinem 5-Punkte-Plan für eine Stärkung der kommunalen Haushalte aus. Wörtlich heißt es dort unter Punkt 4 „Kommunalfinanzen stärken“:
Die Steuereinnahmen der Kommunen schwanken im Zeitablauf stark, und viele haben damit Schwierigkeiten. Zudem klagt die kommunale Gemeinschaft zu Recht darüber, durch stärkere Vorgaben der Länder und des Bundes vor allem im Sozialbereich immer weniger Handlungsspielraum vor Ort zu haben. In den kommunalen Haushalten verdrängen Sozialausgaben zunehmend investive Ausgaben.
Wir wollen die Eigenständigkeit der Kommunen wieder stärken, um die Gestaltungsmöglichkeiten der Bürger in ihrem unmittelbaren Umfeld zu erhalten und auszubauen, aber auch die Investitionsfähigkeit der Kommunen zu fördern. Das wird den Unternehmen vor Ort und damit auch den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu gute kommen.
Wir werden die Einnahmen der Kommunen verstetigen und ihnen mehr Entscheidungsmöglichkeiten bei den Ausgaben und Einnahmen eröffnen. Ich bin zuversichtlich, dass wir mit den Ländern und Kommunen einvernehmliche Lösungen finden.

Meine Damen und Herren, ich teile diese Zuversicht nicht!

Blicken wir zurück: Die ursprünglich zum 1. Januar 2004 vorgesehene Gemeindefinanzreform erwies sich als politisch nicht durchsetzbar, obwohl sich zuvor alle Parteien zu ihrer Notwendigkeit bekannt hatten. Im Vermittlungsausschuss einigte man sich nach langen kontroversen Verhandlungen auf Kompromisse, die die Erwartungen der Städte und Gemeinden schwer enttäuschten.

Auch damals sollten die vom Bundesgesetzgeber verursachten Substanzverluste bei den städtischen Steuereinnahmen revidiert und die Finanzausstattung der Städte nachhaltig gestärkt werden. Von einer grundlegenden Verbesserung der städtischen Finanzen konnte und kann jedoch keine Rede sein. Das Gegenteil ist der Fall.

Die Belastungs- und Bedienermentalität von Bund und Land gegenüber den Kommunen nimmt von Jahr zu Jahr eher noch zu. Was wir wieder brauchen, ist eine langfristige Perspektive für das Handeln in unseren Kreisen, Städten und Gemeinden.

Wir benötigen stabile Einnahmen, um unsere Aufgaben erledigen zu können. Was wir aber noch dringender benötigen, sind weniger Aufgabenzuwächse ohne finanziellen Ausgleich.

Bundes- und Landespolitiker lassen sich für Kindergartenausbau und Kleinkindbetreuung feiern ohne anzugeben, wie dies finanziert werden soll. Dafür schreiben sie uns Kommunen vor, wie groß ein Kindergartenraum sein muss und wie viele Kinder in eine Gruppe gehen dürfen.

Oder der neue Personalausweis: Niemand kann mir erklären, wieso wir für den immensen Aufwand, der uns hier entsteht, keine kostendeckende Gebühr erheben dürfen.

Für mich ein weiterer Beweis dafür, dass wir Kommunen in Berlin immer weniger ernst genommen werden.

Diese Entwicklungen zwingen uns, zwingen auch den Gemeinderat und die Verwaltung der Stadt Weinheim zu unpopulären Maßnahmen.

Steuererhöhungen sind stets das letzte Mittel, um die laufenden Ausgaben im Griff zu behalten.

Aufgabenkritik und der effiziente Einsatz des Personals müssen auch weiterhin stattfinden. Das wird aber Konsequenzen für unsere Bürgerinnen und Bürger haben. Mit einer dünnen Personaldecke noch mehr Aufgaben zu bewältigen, ist nicht machbar.

Immer weitere Personaleinsparungen pauschal zu fordern, klingt gut, ist aber nicht zielführend und letztlich auch nicht redlich. Mit solchen Forderungen wird die engagierte und effiziente Arbeit in unserem Rathaus ignoriert. Und: sie helfen uns bei der Finanzplanung nicht weiter.

Nun zu unserem Haushalt 2011:

Warum bringen wir diesen Haushalt erst heute im Gemeinderat ein?

Wir brauchten die Zeit, meine Damen und Herren, um ausreichend Sicherheit über die positiven Veränderungen durch die Steuerschätzung für die Haushaltsjahre 2011 bis 2014 zu erhalten.

Ohne die Berücksichtigung dieser neueren Zahlen hätten wir die Gesetzmäßigkeit des Haushalts 2011 klar verfehlt.

Nun die wichtigsten Eckdaten:

Unser Verwaltungshaushalt 2011 kann nur durch eine Zuführung vom Vermögenshaushalt von rund 6,6 Mio. Euro ausgeglichen werden. Um die Mindestzuführung von 900.000 Euro – dies entspricht der veranschlagten Tilgung von Schulden – zu erreichen, beträgt die Deckungslücke im Verwaltungshaushalt fast 7,5 Mio. Euro.

In dem Ihnen nun vorliegenden Haushaltsentwurf stehen Einnahmen und Ausgaben von 106,2 Mio. Euro. Das Volumen der Verwaltungshaushaltes beträgt 88,3 Mio. Euro, das des Vermögenshaushaltes 17,9 Mio. Euro. Die Netto-Neuverschuldung ist mit 7,4 Mio. Euro ausgewiesen.

Aus diesen Daten sollte jeder folgern können: die finanzielle Lage der Stadt Weinheim gibt keinen Spielraum für große Wünsche, seien sie auch noch so berechtigt. Wir müssen sehr genau überlegen, für was wir wie viel ausgeben wollen, ausgeben können.

Wir erhöhen den Hebesatz bei der Grundsteuer B um 30 Prozentpunkte auf 400 Prozent. Die hierdurch bewirkte zusätzliche monatliche Belastung für unsere Einwohner liegt in der Regel weit unter 10 Euro und bringt uns zusätzliche Einnahmen pro Jahr von rund 540.000 Euro.

Ich halte die Anhebung des Hebesatzes auf 400 Prozent in Anbetracht der finanziellen Situation für vertretbar und angemessen.

Das Aufkommen der Grundsteuer ist sehr zuverlässig und gut prognostizierbar. Die Höhe der Grundsteuer korreliert stark mit dem Einkommen und verursacht dadurch eine sozial ausgewogene Belastung. Zudem trifft die Grundsteuer die meisten Bürger. Eine Erhöhung der Grundsteuer rückt daher den Zusammenhang zwischen städtischen Leistungen und ihren Kosten ins Bewusstsein.

Von einer Erhöhung des Hebesatzes bei der Gewerbesteuer sehen wir ab. Ich würde nicht die Wahrheit sagen, wenn ich behauptete, der Stadtkämmerer und ich hätten darüber nicht auch schon nachgedacht.

Auch wenn wir eine Erhöhung dieser wichtigen städtischen Einnahme gut vertragen könnten, wissen wir um die Konkurrenzsituation bei den Unternehmen. Generieren wir durch eine Erhöhung kurzfristig zusätzliche Einnahmen, könnten wir damit jedoch mittelfristig für den Wohnungs- und Wirtschaftsstandort Weinheim negative Auswirkungen entfachen.

Beim Thema Familienplanung steht nach einer Untersuchung des Statistischen Landesamts aus 2009 ein sicherer Arbeitsplatz an erster Stelle und kommt damit noch vor Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Eine wesentliche Grundlage für gesunde Kommunalfinanzen sind gesunde Unternehmen. Verlässlichkeit sollte daher Vorrang vor kurzfristigen Einnahmenerhöhungen haben.

Allerdings hätte ich nichts dagegen, wenn – als Teil der Verbesserung der Kommunalfinanzen – auf die Gewerbesteuerumlage verzichtet würde. Damit Sie eine Vorstellung von der Dimension bekommen: Die Gewerbesteuerumlage ist für das Jahr 2011 mit 3,2 Millionen Euro angesetzt.

Umso mehr freut mich die Geste unseres neuen Landrats.

War im Haushaltsplanentwurf 2011 des Rhein-Neckar-Kreises der Hebesatz für die Kreisumlage noch mit 32,35 Prozent ausgewiesen, beträgt er jetzt noch 31,5 Prozent. Wir müssen dadurch rund 379.000 Euro weniger an den Kreis überweisen. Allerdings liegen wir immer noch rund 223.000 Euro über dem Betrag, den wir bei dem 2010er Umlagesatz von 31,0 Prozent zahlen müssten.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass mir die Kreisumlage in unserem Haushalt jedes Jahr neu zu schaffen macht. Dies liegt zum einen an dem hohen Betrag, den wir an den Kreis abgeben müssen. So lagen unsere Zahlungen in den letzten drei Jahren deutlich über 15 Millionen Euro. Und immer wieder wünsche ich mir selbst ein vergleichbar einfach zu handhabendes Finanzierungsinstrument.

Aber natürlich benötigt der Kreis dieses Geld, weil vor allem die Sozialleistungen von Jahr zu Jahr immens ansteigen.

Schon mit dem Doppelhaushalt 2007/2008 wurde der eingeschlagene Weg der Stadtentwicklung fortgesetzt. Der Doppelhaushalt 2009/2010 knüpfte konsequent daran an.

Dies gilt auch heute. Die Vorhaben im Vermögenshaushalt machen dies deutlich. Ein Sanierungsgebiet jagt das nächste.

Die Bebauung des ehemaligen Krankenhausgeländes durch unseren Partner Familienheim steht unmittelbar vor ihrer Vollendung. Dies wird ein Gewinn für unsere Stadt sein. Davon bin ich mehr denn je überzeugt.

Die Baulücke, die durch den Abriss des ehemaligen Kaufhauses Birkenmeier entstand, ist wieder gut geschlossen worden. Wir haben damit einen ersten, und zugleich einen wesentlichen Beitrag für die Belebung unserer Innenstadt geleistet.

An dieser Stelle gilt mein Dank nochmals dem Gemeinderat, der die Verwaltungsspitze in diesen wichtigen Projekten gestützt hat. Mein Dank gilt aber auch den beiden Investoren aus Mannheim und Hamburg. Ohne sie wäre dies nicht möglich gewesen.

Das mit Abstand meiste Geld im Vermögenshaushalt 2011 geben wir für den ÖPNV aus und dass, obwohl wir schon seit einiger Zeit im ÖPNV-Bereich hohe Beträge zur Verfügung stellen und dies auch in den nächsten Jahren weiter tun müssen. Hierzu zählen die OEG-Beschleunigung und die S-Bahn mit allem, was dazu gehört: die Haltestellen, das jeweilige Haltestellenumfeld, der Bahnhof und der Bahnhofsvorplatz.

Kommunale Handlungsfelder gibt es mehr als genug. Die Komplexität der Herausforderungen macht es aber notwendig, Prioritäten zu setzen. Eine Kommune kann sich nicht um alle Themen gleichzeitig kümmern.

Lese ich dann Überschriften wie „Klamme Kassen sind kein Grund“, fehlen mir erst einmal die Worte. Vielleicht mag es ja stimmen, dass auch in früheren Zeiten klammer öffentlicher Kassen Investitionsmaßnahmen erfolgten, wenn sie politisch nur gewollt waren. Wer jedoch heute so argumentiert, hat die finanzielle Lage unserer Stadt noch nicht begriffen.

Ich glaube, Sie alle wissen, wovon ich spreche. Wir können uns in absehbarer Zeit keine zusätzliche Mehrzweckhalle in Weinheim leisten. Wir müssen die bestehenden Wünsche allerdings im Gemeinderat behandeln und uns auf ein gemeinsames Vorgehen in dieser Frage verständigen.

Für eine entsprechende, ich nenne es einmal Hallenkonzeption für Weinheim Süd haben wir eine erste Planungsrate von 10.000 Euro eingestellt. Lassen Sie uns – auch hier – gemeinsam die beste Lösung für unsere Stadt suchen.

Wenn ich betone, dass das Ehrenamt nach wie vor unverzichtbarer Bestandteil unseres gesellschaftlichen Lebens ist, geben mir wahrscheinlich alle Recht. Bürgerschaftliches Engagement ist mehr denn je gefragt. Und trotzdem muss ich klar stellen: Projekte auch aus diesem Themenbereich können wir nicht mehr bezuschussen, wenn sie uns neue Folgekosten ins Haus bringen!

Meine Damen und Herren, ein Haushalt ist für jede Verwaltung die Grundlage ihrer Arbeit. Ausgeführt wird diese Arbeit von den Beschäftigten. Was wir in den letzten Jahren von unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verlangt haben, war viel, sehr viel. Und die Anforderungen werden eher zu- als abnehmen.

Das bedeutet für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhebliche Belastungen. Wir zählen deshalb auf engagierte Menschen, die sich mit der Stadt und mit ihrer Arbeit identifizieren. Ich danke an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch dem Personalrat dafür, dass diese gemeinsame Arbeit und damit auch die gemeinsamen Erfolge bisher möglich waren.

An den Gemeinderat appelliere ich, die fortwährend geleistete, gute Arbeit im Rathaus entsprechend zu würdigen.

Was für die Wirtschaft gilt, gilt auch für uns. In den kommenden Jahren werden wir Fachkräfte suchen müssen. Dann werden wir froh sein, auf einen guten Stamm an Personal zurückgreifen zu können.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren des Gemeinderates, unseren beiden Ortsvorsteherinnen und ihren männlichen Kollegen wie auch den Ortschaftsräten für die konstruktive Zusammenarbeit im vergangenen Jahr.

Bei meinem Kollegen, Herrn Ersten Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner, bedanke ich mich für das vertrauensvolle Miteinander.

Ein Dank gilt auch unserem Kämmerer Herrn Soballa, wie auch Herrn Bauder von der Stadtkämmerei, die es auch diesmal geschafft haben, uns einen gesetzmäßigen Haushaltsplanentwurf vorzulegen. Das war angesichts der Turbulenzen außerhalb, aber auch innerhalb Weinheims nicht einfach.

Dies ist der letzte Haushalt, an dem Herr Bauder maßgeblich beteiligt sein wird. Nach über 40 Jahren unermüdlicher, qualitätvoller Arbeit wird er im November 2011 in den Ruhestand gehen.

Mein besonderer Dank und unsere gemeinsame Anerkennung gilt allen, die den Haushalt mit uns leben und umsetzen: den vielen ehrenamtlich Tätigen, unseren Kirchen, den Schulen und Vereinen, Institutionen und Organisationen, aber auch den vielen Menschen, die im ganz persönlichen, meist nicht öffentlich werdenden Handeln tätig sind. Denn sie alle gewährleisten die soziale Qualität in unserer Stadt.

Und ich bin froh darüber, dass es trotz immer wieder geäußerter Klagen und trotz mancher gegenteiligen Erfahrung weiterhin viel Bürgersinn in Weinheim gibt.

Ehrenamtliches Engagement zu wecken, zu unterstützen und zu fördern, ist für mich nach wie vor eine unserer wichtigsten Aufgaben, denn die Attraktivität und Lebendigkeit einer Stadt hängt ganz wesentlich von diesem freiwilligen Engagement der Bürgerinnen und Bürger ab.

Setzen Sie sich bitte weiterhin so engagiert für Weinheim ein, es wird sich auch künftig lohnen.

Ich wünsche uns allen gute Beratungen und gebe das Wort an Herrn Soballa, der Ihnen nun die Zahlen des Entwurfs näher erläutert.”

Einen schönen Tag wünscht
Das weinheimblog

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